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200 Jahre Grimms Märchen

In Zeiten, als das Wünschen auch nicht mehr so recht geholfen hat, legte ein hessisches Brüderpaar den Grundstein für einen märchenhaften Weltbestseller: Vor 200 Jahren, am 20. Dezember 1812, erschien der erste Band der „Kinder- und Hausmärchen“ von Jacob und Wilhelm Grimm – der zweite folgte 1815.

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Märchenhaft verlief der Aufstieg zum wohl bekanntesten Literaturgut deutscher Sprache allerdings nicht: Die 900 Exemplare der Erstausgabe brauchten zähe sieben Jahre, bis sie endlich verkauft waren – die wissenschaftlichen Anmerkungen machten es nicht gerade zum Verkaufsschlager. Trotzdem ging der „Ladenhüter“ in die zweite Runde – mit dem Ergebnis, dass die 1.000 Exemplare der 2. Auflage sogar ganze 18 Jahre brauchten, bis sie an Mann und Frau gebracht waren. Erst die 3. Auflage 1837 brachte die Wende und läutete den Siegeszug ein.

Auf die Idee zur großangelegten Märchensammlung brachten die Brüder übrigens Clemens von rotkaeppchen.jpgBrentano und Achim von Arnim. Für deren Volkslieder-Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ steuerten Jacob und Wilhelm Material bei – das allerdings dann doch nicht verwertet wurde. Schließlich machten sich die Grimms an die eigene Märchen- und Sagensammlung – weniger, um Kindern eine Freude zu machen, als vielmehr mündlich überlieferte Erzählungen wissenschaftlich zu erfassen und zu sichern. Verkaufszahlen waren den Brüdern deshalb auch nicht so wichtig, es ging den Romantikern darum, Altes zu bewahren und vor dem Vergessen zu schützen.

Jacob startete dazu u.a. einen Aufruf „an die gesammten Freunde deutscher Poesie und Geschichte“, um mündlich überlieferte Volksmärchen zusammenzutragen. Die Reaktion darauf war allerdings eher mau – gab ja auch noch kein Facebook. So trugen die Brüder mühsam zusammen, was die Literatur hergab und was ihnen im Freundes- und Bekanntenkreis zu Ohren kam. Eine wichtige Quelle wurden Dorothea Viehmann, die auch französisches Erzählgut kannte, sowie die sechs Töchter der Berner Apothekerfamilie Wild, die für italienischen, süddeutschen und rätoromanischen Einschlag sorgten. Eine von ihnen, Dorothea Wild, das „Dortchen“, wurde 1825 übrigens Wilhelms Frau. Die Märchen waren demnach nicht nur deutschen Ursprungs und schon gar nicht „ächt hessisch“ wie es einleitend in der Erstausgabe angekündigt war. Ihr Wortlaut wurde auch nicht 1:1 übernommen, es wurde daran gefeilt und verbessert, ergänzt und zugespitzt, so dass nach und nach der typische „Grimm-Ton“ entstand.

Vor allem Wilhelm bearbeitete die Geschichten und gab ihnen mehr und mehr eine kindgerechte Form, der Bruder Ludwig Emil Grimm steuerte Illustrationen bei. So wurden ihre Märchen doch noch zum Kinderbuch oder „Erziehungsbuch“, wie die Grimms es selbst bezeichneten.

Heute kennt man Froschkönig & Co. in über 100 Sprachen. Die Märchen wurden vertont, verfilmt, zu Comics verarbeitet… Neben der Luther-Bibel sind sie das bekannteste Werk der deutschen Kulturgeschichte. 2005 wurden die Kasseler Handexemplare der Hausmärchen von der Unesco zum Weltdokumenterbe erklärt. Ein Märchen wurde wahr: Denn weil die Lust auf gute Geschichten unsterblich ist, erzählt man sie noch heute.

Zweihundert Jahre Grimms Märchen

Autorin: Kathrin Kirschbaum
Bildquelle: Carl Offterdinger / Wikimedia Commons

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