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Im Nebel

Er ist da, der Herbst, ganz eindeutig. Seit einigen Wochen liegen dichte morgendliche Bodennebel in Schwaden auf den Feldern, die Sonne muss sich erst mühsam ihren Weg hindurch bahnen. Für mich ist es diese wunderbar melancholische Zeit, in der ich wieder und wieder über das Leben nachdenke.

Doch wir alle wissen, dass das ewige Grübeln über Sinn und Verstehen, Leben und Tod zu wenig führt. Zu leicht bricht ein menschliches Herz am wirklichen Schmerz, ehe es letztgültige Antworten findet. Ich flüchte mich dann oft in Gedichte: Denn sie beschreiben so eindringlich die Emotionen vieler anderer vor mir, großer Denker und Philosophen, die sich ebenfalls irgendwann damit begnügen musste, niemals WISSEN, sondern stets nur GLAUBEN zu können.

Letztens wanderte ich frühmorgens alleine über die Wiesen: Nebel umgab mich, es war still, kein Vogel erhob seine Stimme. Mir kam das bezauberndes Gedicht von Hermann Hesse in den Sinn:

Im Nebel

Seltsam, im Nebel zu wandern,
einsam ist jeder Busch und Stein,
kein Baum kennt den andern,
jeder ist allein.

Und so weiter.

Mich trösteten diese Zeilen auf eine behutsame Art. Das, was uns trennt, sagt mir das Gedicht, ist unser Alleinsein, aber weil es uns alle trennt, verbindet es uns wieder in unserer Erfahrung. Nicht nur ich bin allein, alle sind allein. Ein schönes Gefühl der Verbundenheit.

(geschrieben von Matthias Stöbener)

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