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Jokers Morgen-Grauen, Teil 10

Sowas. Ausgerechnet der Kollege Z. meinte nach der Lektüre des letzten Morgen-Grauens, ich solle keine Märchen erzählen. Dabei ist er ja irgendwie schuld an den Ereignissen, mit seinem »Da geht doch was, höhöhö…« hat er mich doch erst ins Nachtleben getrieben. Ich ziehe im Nightlife solche Vorkommnisse einfach an, das kenne ich noch aus meiner Jugend auf dem Land.

Zum Beispiel krachte damals bei einem »Beat Abend« in einem Festzelt der Sänger einer Cover-Band bei Bruce Springsteens »I’m going down« (echt wahr!) direkt vor mir durch die Bühne und war plötzlich mit mir auf Augenhöhe. Das Gesicht hätten Sie sehen sollen! Er starrte mich an, stammelte noch »knock-a knock-a knock-a…« und wurde ohnmächtig. Der Vorfall kam sogar in den Regionalteil unserer Zeitung, wobei die Band (im Ernst!) für das Zusammenspiel von Musik und Show-Einlagen gelobt wurde…

In einer Disco (für die Jüngeren: so nannte man früher das, was heute ein Club ist) stolperte neben mir eine Kellnerin und schlug mit einem Tablett voller Getränke der Länge nach hin. Sie glaubte, ich hätte ihr ein Bein gestellt und rief die Security zu Hilfe. Der herbeieilende Türsteher stolperte ebenfalls, fiel auf die Nase und verletzte sich durch die herumliegenden Scherben so schwer am Knie, dass er nicht aufstehen konnte. Was er konnte, war Alarm geben. Und so krachten zwei seiner Kollegen, die auf mich, den vermeintlichen Schläger, einstürmten, auch noch auf den havarierten Türsteher drauf. Des Rätsels Lösung: Eine unscheinbare kleine Stufe, an der die Anti-Stolper-Beleuchtung ausgefallen war. Ich wurde trotzdem sehr unsanft vor die Tür gesetzt, das war für die Türsteher-Ehre wohl besser, als die eigene Blödheit zuzugeben. Oder sie fühlten sich provoziert, weil ich mich während der ganzen Zeit nicht vom Fleck gerührt hatte. Warum auch? Ich hatte ja den besten Platz zum Zuschauen…

Vor einer anderen Disco hatte ich mich mit einem Kumpel verabredet. Er kam mit dem Auto an, öffnete die Tür, stieg grüßend aus – und verschwand vollständig von der Bildfläche. Er hatte sein Auto zufällig neben einem Gully geparkt, von dem irgendein Witzbold den Deckel entfernt hatte. Zwei Monate war mein Kumpel krankgeschrieben (ausgeschlagene Zähne, Gehirnerschütterung, Sehnenriss) und verlor fast seine Lehrstelle, weil sein Meister die Story nicht glauben konnte.

Es standen auch schon Kriminalpolizisten mit einer Kuhmist-Probe vor meiner Tür, um den Geruch mit dem meiner Kleidung vom Vorabend zu vergleichen. (Ohne Ergebnis.) Ein anderes Mal musste ich zu einer polizeilichen Gegenüberstellung beim benachbarten Bauern, bei der ein Zeuge erklären sollte, ob ich am Tatort gewesen sei, oder die Verdächtige neben mir – die übrigens eine ausgewachsene Zuchtsau war. (Ebenfalls – Frechheit! – ohne Ergebnis. Zu erzählen, wie es zu dem sonderbaren Vorfall kam, würde hier viiiiel zu weit führen…) Die Liste ließe sich fast endlos fortsetzen. Ich hatte (und habe offenbar) das Talent, zur falschen Nachtzeit am falschen Ort zu sein. Und da sagt der Z. was von Märchen! Pfft. Von wegen. So war und ist einfach das Leben, da draußen, im Nightlife-Dschungel. Ich kenn es gar nicht anders.

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