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Jokers Morgen-Grauen, Teil 7

Grade wollte ich meinen PC hochfahren, um das neue Morgen-Grauen online zu stellen, da steckt Kollege Z. den Kopf zur Tür rein. Um diese Uhrzeit. Er sagt überdeutlich „Gu-ten Morg-gen“. Das machen die Kollegen mittlerweile fast alle so. Sie wollen nicht von mir zitiert werden. Schade. Jetzt muss ich mir wohl einen neuen Einstieg in das »Morgen-Grauen« ausdenken.

Kollege Z. hatte die Ehre, die Zusammenfassung der dieswöchentlichen morgengräulichen Texte schon gestern Abend zu lesen. Jetzt sagt er mit ernster Miene: »Das X-Wort solltest du eigentlich nicht benutzen.« X-Wort? Xaver, Xanten, Xanthippe, welches X-Wort denn? »Nee, X von hinten.« Okay, das ist jetzt sogar doppeldeutlich. Er meint das 3-Buchstaben-Wort mit Se am Anfang und x am Ende. Das hab ich zwar so nicht verwendet, wohl aber als Wortteil: Ich hatte mir ein paar Gedanken zur aktuellen ..xismus-Debatte gemacht. Mit dem »X-Wort« kann man auf Suchmaschinen-Ergebnislisten in schlechte Gesellschaft geraten. Ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber wir sollen auf Nummer Sicher gehen und daran habe ich nicht gedacht. Nun kann man aber nichts über die ..xismus-Debatte schreiben, ohne das böse Wort zu benutzen. Es muss also schnell ein neuer Text her. Hm.

Sieben Uhr neunundvierzig. Alles ist ruhig.

Nur mein Computer rotiert still vor sich hin bei dem Versuch, mir meinen Web-basierten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (sicher kennen Sie die lustigen Kreise, mit denen uns ein Rechner sagt, dass er noch rechnet…). Er ist wetterfühlig, der Ärmste, bei jedem Wetterumschwung ist es dasselbe Drama: Er kommt einfach nicht aus den Federn. Ich versuche, ihn zu motivieren, aber ohne Erfolg.

»Och nööö, ich will noch nich arbeiten…«
»Das is sooo spät geworden, gestern…«
»Hack nich so auf mir rum, dadurch geht’s auch nich schneller…«
»Bohr doch solange in der Nase oder schreib deinen doofen Texte wieder aufm Mac…«

Mach‘ ich ja gerade. Aber muss ich mich in aller Herrgottsfrühe um sieben Uhr dreiundfünfzig von einem PC so anpflaumen lassen? Meine Geduld ist am Ende und ich mache den Computer mit meinem reichen Schimpfwortschatz bekannt. Schon in einem meiner Grundschul-Zeugnisse stand, ich wüsste mich im »übelsten Slang« vortrefflich auszudrücken. Den Computer beeindruckt das aber gar nicht. Keine Reaktion. Er rotiert weiter.

Bei der Kollegin H. allerdings ist eine Reaktion festzustellen. Ausgerechnet jetzt muss sie an meiner offenen Bürotür verbeilaufen und die an meinen Computer gerichteten Schmähungen hören. Sie selbst spricht nicht mit Computern und kann sich auch nicht vorstellen, dass es andere tun, daher bezieht sie die Schimpfkanonade auf sich. Mit weit aufgerissenen Augen starrt sie mich an. Ich versuche ein Lächeln, um eine Entschuldigung einzuleiten und sie über ihren Irrtum aufzuklären. Doch es sieht wohl eher nach einer teuflischen Fratze aus, denn die Kollegin flüchtet kreidebleich in ihr Büro. Bis ich das wieder geradegebogen habe…

Da bricht die Hölle los: Es macht »pling« und gleichzeitig öffnet sich das Login-Fenster. Kaum klopft man an die Tür zur Ewigkeit, schon geht’s ab im Schweinsgalopp.

Wobei mir einfällt, dass Verbraucherministerin Aigner den aktuellen Pferdefleisch-in-Fertiggerichten-Skandal als »Sauerei« bezeichnete. Ob das Wortspiel beabsichtigt war? Jedenfalls ließ es sich die SPD-Generalsekretärin nicht nehmen, CSU-Ministerin Aigner aufzufordern, die Affäre aufzuklären und »Ross und Reiter« zu nennen. Das ließ schon Böses vermuten. Und tatsächlich wurden im Zusammenhang mit den Pferdefleisch-Skandal alle möglichen Pferde-Wortspiele verwurstet: Der ORF fragte in einer Diskussionsrunde »Was wir essen – aufs falsche Pferd gesetzt?« Der Wiener »Standard« veröffentlichte einen Kommentar unter der Überschrift »Das Essen mit dem Pferdefuß«. Undsoweiterundsoweiter. Es fehlt nur noch eine Verbraucherschelte, zu der natürlich der geschenkte Gaul, dem man nicht ins Maul schaut, passen würde. Aber das gab’s wahrscheinlich auch schon. Weder Politik noch Presse scheinen den Skandal besonders ernst zu nehmen.

Ob man damals zum Massenmörder Haarmann aus Hannover, der Anfang des 20. Jahrhunderts 24 junge Männer umbrachte und sie teilweise (hihihi…) als Fleischkonserven unter die Leute brachte, ähnliche Schenkelklopfer (hihihihi…) lesen und hören konnte? Nicht zuletzt wegen der menschlichen Komponente (hihihihihi…) war damals dieser Lebensmittelskandal in aller Munde (ohoho, ich schmeiß‘ mich wech!).

Jetzt hör‘ ich lieber auf. Kalauer können schnell geschmacklos (hmpf…) werden.

Übrigens: Nicht nur in heutiger Tiefkühlkost, auch in Haarmanns Konserven landeten wohl einige Hannoveraner…

Na, was hab‘ ich gesagt? Nu is aber endgültig Schluss.

Acht Uhr vier. Weiter im Text.

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