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Meine Tochter will nicht schlafen

Viele Jahre war ich eine ausgesprochene Vielleserin und Langschläferin. Bis sie kam: meine allerliebste, bezaubernde, wundervolle Tochter. Vielleicht sind wir selbst schuld. Vielleicht hätten wir sie nicht Lilith nennen sollen. (Lilith bekannt als erste Frau Adams, aber auch als babylonischer Sturm- und Nachtdämon, wie wir später lasen. In der Luther-Bibel spukt Lilith auch gerne als Nachtgespenst herum.) Aber jetzt ein Jahr nach ihrer Geburt und 365 durchwachten Nächten ist es zu spät. Sie ist und bleibt Lilith, unser kleiner, ganz persönlicher Nachtdämon.


Alle 3-4 Stunden kommt er wieder: der exklusive Mama-Papa-hallo-wach-Weckruf. Vielleicht bereitet unserer Tochter ja jeder einzelne durchbrechende Milchzahn länger Schmerzen als anderen Kindern. Vielleicht hat sie Bauchweh – ja gar eine Laktose-Intoleranz? Oder frühkindliche Alpträume? Oder ihr ist kalt! Oder zu heiß! Der Schlafsack ist vielleicht zu eng. Und Durst hat sie sowieso immer.


Wir haben alles probiert. Als Erstes die Spieluhr: Ein besonders schönes Modell in Ponyform wurde schon pränatal auf den dicken Mamabauch gelegt. Melodie: Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein. Die ersten Monate wurde das aufgezogene Schlaftier auch immer mit einem Strahlelächeln (Ha das kenn ich!) begrüßt. Allerdings regte die Melodie unsere Madame eher zu einem kleinen Boogie-Woogie an als zum Schlafen.


Der nächste Versuch: Selber singen. Leider war die Stimme aufgrund des schlafentzug-geschwächten Immunsystems von Papa und Mama nicht mehr besonders wohlklingend und mutierte durch temporäre Husten-Stakkato-Einlagenzu einem etwas merkwürdig anmutenden Lullaby-Rap. Fand unsere Tochter nur wenig einlullend und wurde mit noch lauterem Geschrei eindeutig als Zumutung abgelehnt.


Vielleicht im Auto durch die Stadt kutschieren? Bitte wir wohnen in der Umweltzone. Und unter Tempo 100, am besten auf der Buckelpiste, denkt Prinzessin nicht im Entferntesten ans Einschlummern. Die motorisierte Häwelmann-Fahrt wurde also gleich wieder mangels Effizienz und Umweltfreundlichkeit gestrichen.


Hängematte? Unsere Zimmerdecken sind seit über 100 Jahren mit Kieselsteinen und Stroh gefüllt – zu riskant! (A propos: Hat eigentlich noch niemand an Schutzhelme für Babys gedacht? Auch beiWickelkommoden-Stürzen und Kopfstoß-Wutattacken nicht ganz unsinnig… Aber das ist eine andere Baustelle – zurück zum Thema!) Herumtragen? Keine Zeit für ausgleichende Rückengymnastik im teuren Fitness-Studio. Außerdem knarzen unsere Holzdielen lauter als jeder Wecker.


Nach diversen schallgedämmten Nächten (dank Oropax) gab uns ein Nachbar einen heißen Tipp: Einfach zwei Nächte lang durchschreien lassen dann wird sie ganz sicher durchschlafen! Wir waren sehr versucht – aber wer bezahlt dann die Trauma-Therapie beim Kinderpsychologen? Nee nee!


Jetzt haben wir uns auf folgendes geeinigt: Eine Nacht hält Papa im Kinderzimmer Händchen die nächste Mama. Vorteil: Das Kind leidet nicht unter Verlassenheitsängsten. Der Händchenhalter kann neben dem Kinderbettchen liegend – ausgerüstet mit Stirnlampe und einem guten Buch vor der Nase – entspannt liegen bleiben. Und der Partner kann ohne Gewissensbisse entspannt durchschlafen. Weiterer Vorteil: Man kann endlich mal wieder stundenlang lesen! Was wollen Eltern mehr?!


Geschrieben von Anne Eichmann.

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