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Jobsuche auf besondere Art

„Du kannst doch schreiben, oder?“ Ein weitläufiger Bekannter sprach mich mit diesen Worten am Telefon an.
„Ähm, naja, zumindest habe ich ein paar Webseiten, auf denen ich hin und wieder schreibe und für Jokers blogge ich“, antwortete ich.
„Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Seit einem halben Jahr finde ich einfach keinen Job. Kannst du nicht mal meine Bewerbungen durchlesen und mir sagen, was du davon hältst?“, bat mich der Arbeitslose.
Ich sagte zu. Wenige Minuten später fand ich seine Unterlagen in meiner Mailbox.
Was ich da las, schockierte mich ehrlich. Der junge Diplom- Mathematiker hatte sein Anschreiben formuliert, als schriebe er eine mathematische Formel. Im aggressiven Ich-Stil „erschlug“ er den potenziellen Arbeitgeber regelrecht mit umständlichen Formulierungen und redete dabei im Grunde nur um den heißen Brei herum. Die wichtige Frage, warum gerade er der Richtige für den ausgeschriebenen Job sei, blieb unbeantwortet. Das Sahnehäubchen bildeten haufenweise Rechtschreibfehler, die zeigten, dass sich der junge Mann nicht wirklich mit seiner Bewerbung befasst hatte.

BewerbungIch fühlte mich bei meiner Ehre gepackt und griff zum Rotstift. Vom ersten Satz bis zum „Gerne würde ich mich in einem persönlichen Gespräch bei Ihnen vorstellen“ überarbeitete ich systematisch das Bewerbungsschrei- ben. Ich warf den Aufbau komplett um, strukturierte neu, strich umständliche Nominal-Konstruktionen, fand – wie ich meine – ansprechende Synonyme und versuchte, dem Brief den Tonfall zu geben, der einen potenziellen Arbeitgeber ansprechen kann.

Nach vielen Stunden harter Arbeit schickte ich die völlig neu geschriebene Bewerbung an den Anrufer zurück. Ich kann nicht sagen, ob der Diplom-Mathematiker jemals meine überarbeitete Bewerbung abgeschickt hat. Denn ich hörte nie wieder von ihm. Nicht einmal bedankt hat er sich bei mir. Ehrlich.

Das nächste Mal, so habe ich beschlossen, verschicke ich nur noch Buchtipps. Zum Beispiel den Klassiker „Die perfekte Bewerbungsmappe für Führungskräfte“ von Jürgen Hesse und Hans Christian Schrader.

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