Ein Bauernhof mitten in der Stadt

      7 Kommentare zu Ein Bauernhof mitten in der Stadt

482126_web_R_K_by_Silke Kaiser_pixelio.de.jpgAlle wollen raus aufs Land, dem Trubel des urbanen Lebens entfliehen, Schäfchen zählen, Blumen essen, Downshifting, wie es auf Neudeutsch-Denglisch heißt. Landleben ist Kult, Stadtflucht ist angesagt, Gartenbücher und Landleben-Lifestyle-Postillen boomen. Doch es geht auch anders. Wer das rustikale Dasein schätzt, kann auch in der Stadt glücklich werden.

Novella Carpenter hat es vorgemacht. Sie betreibt eine »Cityfarm« in Oakland, Kalifornien und das in einem Viertel, das wenig Grün kennt, dafür allerlei schräge Typen, allesamt mehr oder weniger gestrandet, Jugendgangs, Dealerbanden, Autoschieber… Nicht gerade sehr idyllisch und doch der Ort ihrer kleinen Arche. Auf einem brachliegenden Grundstück baut sie Gemüse an und wo das Grünzeug sich wohlfühlt, gedeihen auch Hühner, Enten, Truthühner, Schweine, Ziegen…

Menschen haben freien Zugang zu ihrem grünen Paradies, dürfen sich bedienen an den Früchten ihrer Farmarbeit. So ist Novella Carpenters Idee vom Landleben mitten in der Stadt auch ein soziales Experiment. Novella hat ihren Traum verwirklicht. Zurück zur Natur und zum bäuerlichen Leben ohne auf Kneipen und Konzerte verzichten zu müssen. Als Kind experimentierfreudiger Hippies ist ihr die Kreativität, was außergewöhnliche Lebensentwürfe anbelangt, praktisch in die Wiege gelegt worden.

Zimperlich darf nicht sein, wer sich aufs Cityfarming verlegt. Aufgrund der beengten Wohnverhältnisse in der Hinterhaus-Mietwohnung wird Novellas Badezimmer zu Fleischerei, das Schlafzimmer zur Kückenaufzuchtstation und im Wohnzimmer und Flur türmen sich allerlei Gerätschaften, Baumaterial, Vorräte…

Nachlesen, staunen und sich köstlich amüsieren, hier gibt es die Erlebnisse der Großstadtbäuerin in Buchform:

* Buch Meine kleine Cityfarm

Und in ihrem Blog ist man hautnah dabei:

* Blog Ghost Town Farm

Autorin: Petra Anne-Marie Kollmannsberger
Bildquelle: Silke Kaiser / pixelio.de

7 thoughts on “Ein Bauernhof mitten in der Stadt

  1. Barbara Mündel

    Was sind eigentlich „Truthühnen“? Speziell gezüchtete Riesenvögel oder sowas?

  2. Marlene Sommers

    Was es alles gibt! Von „Raus aufs Land“ hört man ja überall. Aber hier hat mal jemand den Spieß umgekehrt und sich den Bauernhof in die Stadt geholt. Spannend!

  3. C. Rögner

    „Alle wollen raus aufs Land“? Die Aussage ist aber wirklich nicht up to date. Betrachtet man die Preisentwicklung im Immobiliensektor, lässt sich seit über einem Jahr eine „back to town“-Tendenz erkennen. Und genau auf diesen Zug ist ja Novella Carpenter mit ihrem Cityfarming-Experiment aufgesprungen. Wem’s gefällt… Ich fand ihren Ghost Town Farm-Blog oft grenzwertig bis unappetitlich.

  4. Franziska Armerin

    Grundsätzlich: Wer sich ein bißchen mit Immobilien auskennt, wird feststellen, daß es eine zweiteilige Tendenz gibt: Die Preise steigen sowohl in den Ballungsräumen, als auch in den ländlichen Gebieten drumherun. Auf der Strecke bleiben „normale“ Städte und die richtige „Pampa“. Es ist richtig, daß gerade junge Familien verstärkt in die Innenstädte ziehen. Es ist aber auch eine Tatsache, daß parallel dazu eine Wanderungsbewegung in die ballungsnahen „Landgebiete“ stattfindet, vor allem durch Pferdeleute, die sich den Traum vom Pferd hinterm Haus erfüllen.
    Was Novella Carpenter betrifft: Sie ist auf gar keinen Zug aufgesprungen, denn sie betreibt ihre Cityfarm seit über fünf Jahren.
    Ihr Blog ist unappetitlich? Landleben ist halt nichts für Weicheier und wer Tier essen will, muß damit rechnen, daß es vorher zu Tode gebracht wird, sonst würde es ja vom Teller hüpfen…

  5. C. Rögner

    Da haben Sie jetzt eine wichtiges Klientel unberücksichtigt gelassen: die über 50-Jährigen. Sie machen in Städten mit über 200.000 Einwohnern derzeit fast 50% der Zuzügler aus. Die Kinder sind erwachsen, das Haus auf dem Land zu groß – was liegt näher, als die Vorzüge des Stadtlebens mit seiner optimalen Infrastruktur wiederzuentdecken?
    Und was meine Einschätzung des Carpenter-Blogs betrifft, haben Sie mich missverstanden, werte Frau Armerin. Das ist eben Kein LANDleben, was sie da beschreibt. Sie überträgt einfach die Methoden der (ländlichen) Lebensmittelherstellung in die Großstadt. Mit all den sonderbaren Kompromissen und Notlösungen, die dadurch entstehen. Dass man töten muss, bevor man den Zickleinbraten genießen kann, ist nicht schön, aber auch nicht per se unappetitlich. Nur wenn das im Badezimmer vorgenommen wird, wird’s sehr seltsam (oder degoutant, wie Sie wollen)… Auf einem Bauernhof kommt kein Mensch auf die Idee, den Metzger im Wohnhaus sein Handwerk verrichten zu lassen.

  6. Georg Bäude

    Da muß ich jetzt mal eingreifen. C. Rögners Zurück-in-die-Stadt-These ist etwas zu kurzfristig gegriffen und mit Zahlen sollte man generell vorsichtig sein. 50 Prozent Zuzüge der Generation 50 Plus sind sicherlich viel zu hoch gegriffen. Dabei bleibt völlig unberücksichtigt, daß viele vom „Leeren Nest“ bedrohten sich in der Nähe ihrer Kinder ansiedeln, sei es in der Stadt oder auf dem Land. Im Übrigen stellten und stellen Zukunftsforscher einen überdurchschnittlich hohen Zuzug seit einem halben Jahrzehnt in ländliche Gebiete fest. Selbst in ballungsfernen Gebieten wird in jüngster Zeit, aufgrund der gestiegenen Nachfrage in Infrastruktur investiert. Selbst in kleinen Gemeinden werden Neubaugebiete ausgewiesen, man organisiert den ÖPNV mittels kreativer Lösungen wie den „Rufbus“ und selbst die Telefongesellschaften haben den Trend erkannt und bauen das DSL-Netzt flächendeckend aus.
    Was Novella Carpenter in ihrem Badezimmer betreibt, ist nichts weiter als eine simple Hausschlachtung – auch in Deutschland für den Eigenbedarf nach wie vor üblich in Kellern und Waschküchen

  7. Paul Mader

    Das ist ja ein hochinteressantes Thema. Vielen Dank, dass Sie das aufgegriffen haben! Novella Carpenter ist eine faszinierende Frau mit viel kreativem Potential. Möge Ihre kleine Farm wachsen und gedeihen! Auf ihrem Blog habe ich gelesen, dass es eine ganze Menge Cityfarmen gibt. Wie sieht das denn in Deutschland aus? Gibt's das da auch?

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