Flaschenpost aus Nicaragua Teil 8:

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san juan 061.jpgKriminelle Energie


Jetzt sind wir schon wieder an einem Strand hängengeblieben. Was soll ich sagen: El Salvador, La Libertad, Playa El Tunco, Surfen, Sonne, Hängematte. Hostel auf Holzstelzen direkt am Meer und an einem von Mangroven gesäumten Fluss.


Abends spielten Bands und die Gesamtsituation war einfach so Pinacolada-klebrig, dass wir nicht gleich weiterkamen. Doch Anat hatte sich schon gen Mexiko verabschiedet und Maxi musste dann auch seinen Heimflug in Costa Rica erwischen. Und weil bis auf zwei T-Shirts und eine Jeans all meine Sachen in good old Nicaragua geparkt waren, machten wir uns dann zu zweit auf den Rückweg. Zum Glück war ich nicht allein unterwegs, denn gefühlte 300 stickig-heiße Chickenbus-Stunden später wurde es mir zuerst schlecht und dann schwarz vor Augen. Aber der Bus war ohnehin so voll, dass Umkippen ohne Umfallen kein Widerspruch war. Die umstehenden Fahrgäste flößten mir auch postwendend von allen Seiten Wasser ein. Der Hypochonder in mir tippte spontan auf Malaria, konnte aber nach Durchsicht der Nebenwirkungen des Standby-Medikaments von einer Kreislaufschwäche überzeugt werden. Jedenfalls ging es erst mal nicht weiter.


IMG_5771.jpgUnd wie ich da so in einer Hängematte in Managua vor mich hin fieberte, drang die Geschichte eines eben mit Macheten bedrohten und ausgeraubten Gringos an mein Ohr. Genau die gleiche Geschichte hörte ich dann zwei Tage später in San Juan noch einmal. Kein Zufall, denn Nathan, zu dem die Stimme gehörte, hatte die gleiche Richtung eingeschlagen. Ihn traf ich bei Juan wieder, einem Ex-Spanisch-Lehrer von Rosa. Mit Juan hatte ich schon vor dem Chickenbus-Trip überlegt, ein Haus zu mieten. Inzwischen hatte er eines gefunden: ein ehemaliges Hostel, in das ich dann gleich mit eingezogen bin. Umso erfreulicher, da mit dem mallorquinischen Punk Jose und dem Schweizer Chaoten Jorge ein Duo Infernale unsere Hausgemeinschaft bereicherte. Allerdings nicht lang, denn Jorge ging bedauerlicherweise bei einer abendlichen „Vuelta“ verloren und tauchte erst drei Tage später in fragwürdigem Zustand und polizeilicher Begleitung wieder auf. Sein falsch geparktes Auto (mitten auf der Straße) hatte in Rivas (eine Autostunde von San Juan) einen aufmerksamen Schutzmann dazu veranlasst, nach den Papieren (kein Führerschein) zu verlangen. Tja, und dann logierte der arme Jorge zwei Nächte in den komfortablen Räumlichkeiten der hiesigen Vollzugsanstalt. Sein Auto haben sie dann im Gegenzug für die aufopfernde Gastfreundschaft behalten.


Bei einer anderen Vuelta durften wir Bekanntschaft mit Dr. Julius Hellenthal aus Günzburg machen. Er betreibt eine florierende Stammzellen-Klinik in San Juan und genießt gemeinsam mit seiner US- und EU-Klientel die gesetzlichen Freiheiten Nicaraguas. Einziger Wermutstropfen: von ursprünglich sechs Kollegen sei nur noch er am Leben – die fiese Pharmaindustrie gönne ihnen einfach den Erfolg nicht. Und der sei beträchtlich, wie man unter anderem (Intelligenz-Verdoppelung bei Kindern? Kein Problem!) an seiner hübschen und vor allem schwangeren Freundin sehen könne. Er, Hellenthal, wäre immerhin 70. Wir waren beeindruckt.


Als nächstes müssen wir für 10 Tage unser rotes, schaukelbestuhltes Haus verlassen, weil Juan es an eine Familie vermietet hat. Eine willkommene Abwechslung, denn bis auf Vueltas, Yoga im Baumhaus und ab und zu ein Buch aus der Bibliothek holen mache ich nämlich nicht besonders viel, seit ich wieder in San Juan bin. Also warum nicht mal der Karibik-Seite einen Besuch abzustatten? Bis dahin verbleibe ich mit vergnügten Grüßen,

Anja

1 thought on “Flaschenpost aus Nicaragua Teil 8:

  1. Gabi Bergermann

    Soso, man ist ein paar Wochen in Mittelamerika unterwegs und sucht sich schon ein Haus mit Juan. Irgendwas mach‘ ich falsch.

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