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Marcuse in neun Bänden

Jede Hoffnung auf Alternativen habe er aufgegeben, er verharre im Bestehenden. Ein möglicher positiver Einsatz von Technik komme ihm wegen seines Technikpessimismus gar nicht in den Sinn. So und ähnlich lautete die Kritik des 1979 verstorbenen Sozialphilosophen Herbert Marcuse an den Thesen von Jürgen Habermas.

Habermas und Marcuse fassten sich gegenseitig wahrlich nicht mit Samthandschuhen an, wenn es um Gegenargumente zu den Gedanken und Theorien des jeweils anderen ging. Und doch waren beide geniale Denker: Die Logik ihrer Einwände ist auf beiden Seiten gleichermaßen überzeugend. Jürgen Habermas, wenngleich schon länger emeritiert, hält sich auch heute nicht zurück, wenn es darum geht, seine philosophischen und sozialkritischen Ansichten zu vertreten.

MarcuseDies brachte ihm den diesjährigen "Europapreis für politische Kultur" der Hans-Ringier-Stiftung ein. Der 1929 geborene Philosoph erhält die mit 50.000 Euro dotierte Ehrung als "einer der großen europäischen Intellek- tuellen", so die Stiftung im Schweizer Locarno. Der Preis wurde jetzt während des Internationalen Filmfestivals zum dritten Mal verliehen. Preisträger der beiden vorangegangenen Jahre waren der serbische Staatspräsident Boris Tadic und der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker.

Wer weiß, was Marcuse zu dem Preis gesagt hätte. Wahrscheinlich hätte er auf die Entfremdung des Menschen von seinem Wesen durch den Kapitalismus hingewiesen. Wir können ihn nicht mehr selbst fragen, aber wir können ihn lesen: Jetzt in der neunbändigen Ausgabe seiner Schriften, natürlich mit seinem Hauptwerk „Der eindimensionale Mensch“!

(geschrieben von Matthias Stöbener)

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