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Mit einem der Größten in den Urlaub

Karl ValentinSie, lieber Leser, kennen uns: „Normalerweise“ brauchen wir unsere Preise nicht zu betonen. Sie wissen selbst, wie günstig Jokers ist. Aber ab und zu bin ich selbst noch erstaunt über die Preispolitik meines Chefs. Vor allem dann, wenn ich einen meiner Lieblingsautoren als Sonderausgabe bei uns entdecke. Wie zum Beispiel die Komplettausgabe des Gesamtwerks von Karl Valentin. Als Sonderedition für 29.95 € sparen Sie nämlich 440 Euro (!) gegenüber der Originalausgabe. Und ich finde, dass sich die neun Bände sogar dazu eignen, mit in den Urlaub genommen zu werden. Da geht Ihnen der Lesestoff sicher nicht aus und bei diesem Sommerpreis bleibt genug Taschengeld für einige Souvenirs mehr.

Wussten Sie, dass Karl Valentin mit Bert Brecht befreundet war? Karl Valentin war ein waschechter Münchner: Er verbrachte nicht nur die meiste Zeit in dieser Stadt, sondern wurde sogar auf dem Planegger Friedhof beerdigt. Seinen bürgerlichen Namen kennen nicht viele. Als Valentin Ludwig Fey wurde er am 4. Juni 1882 geboren, er starb am 9. Februar 1948.

Seine Kindheit in der Münchner Vorstadt Au erlebte er als Einzelkind. Eine Schwester und zwei ältere Brüder starben kurz nach Karls Geburt. Karl Valentin war kein fleißiger und williger Schüler. Von der Volksschule (1888 bis 1895) sprach er später als Zeit im „Zuchthaus“. Bis 1901 war er nach einer Schreinerlehre Facharbeiter. In diese Zeit fielen auch erste Auftritte als „Vereinshumorist“. 1911 heiratete er Gisela Royes, das Dienstmädchen im Hause Fey. Zwei Töchter entstammten dieser Verbindung, aber treu war er nicht.

1902 trat er erstmals als Karl Valentin auf. Er hatte ein Gastspiel am Varieté Zeughaus in Nürnberg. Nach dem Tod seines Vaters, der Übernahme der Leitung der Speditionsfirma Falk und Fey zusammen mit seiner Mutter, der Pleite des Unternehmens im Jahre 1906 und einem Umzug nach Sachsen kehrte Karl nach einer erfolglosen Tournee durch verschiedene Städte 1908 nach München zurück. Hier schrieb er den Monolog Das Aquarium.

Sein Engagement an der Volkssängerbühne im „Frankfurter Hof“ beendete seine Geldsorgen. 1911 traf er Elisabeth Wellano, die als Liesl Karlstadt seine Bühnenpartnerin werden sollte.

Dann ging es zum Film. Ab 1912 war Valentin, der sich in München ein eigenes Filmstudio eingerichtet hatte, Darsteller in gut 40 Kurzfilmen, die auch nach seinen Sketchen gedreht wurden. Auf der Bühne inszenierte Valentin ab 1914 Tingeltangel, sein eigenes Bühnenprogramm in mehreren Versionen. 1915 wird Valentin Direktor des Münchener Kabaretts Wien-München, der Waffendienst während des 1. Weltkriegs blieb ihm, dem Asthma-Kranken, erspart.

Mit Bertolt Brecht parodierte er im Jahre 1922 dessen „Trommeln in der Nacht“ an den Münchner Kammerspielen. Die gemeinsame Arbeit hat das spätere Schaffen Brechts stark beeinflusst. Valentin übernahm in dem surrealistischen Film „Mysterien eines Frisiersalons“ von Brecht und Erich Engel eine der Hauptrollen. Ab 1922 und 1923 trat Karl Valentin auch im Ausland auf, die Schweiz und Österreich waren erste Erfolgsstationen.

1931 eröffnete Karl Valentin ein eigenes Theater (Goethe-Saal) in der Münchner Leopoldstraße. Nach nur acht Wochen musste er jedoch wieder schließen, weil er gegen die Regeln der Feuerpolizei verstieß und auf eine brennende Zigarette in einem Sketch partout nicht verzichten wollte.

Sein 1934 eröffnetes „Panoptikum für Nonsens“ musste er nach zwei Monaten wieder schließen, und auch ein zweiter Versuch 1935 missglückte dem sonstigen Sonntagskind.

Politisch scheute Karl Valentin die Auseinandersetzung. Dem Nazi-Regime stand er zwar skeptisch gegenüber, äußerte sich aber nicht öffentlich. Dennoch arbeitete er mit satirischen Metaphern wie „Auf zum Endsieg“ oder „Das letzte Aufgebot“. Bekannt sind auch seine Bühnenworte „Heil…, heil…, heil…! ja wie heißt er denn nur – ich kann mir einfach den Namen nicht merken.“ Oder auch: „Wie gut es doch ist, dass der Führer nicht Kräuter heißt.“
 
Von 1939 an hatte Valentin eine neue Bühnenpartnerin, die auch seine Geliebte wurde: Die 35 Jahre jüngere Annemarie Fischer ersetzte auf der Bühne Liesl Karlstadt. Karl eröffnete die Ritterspelunke, eine Theater-, Kneipen- und Panoptikum-Mixtur, die er allerdings im Juni 1940 wieder schloss, bevor die NS-Behörde den Lagerraum für Requisiten zum Luftschutzkeller machte.

Mit Liesl Karlstadt sollte er 1940 im Deutschen Theater seine letzten erfolgreichen Auftritte haben. 1947 und 1948 trat Karl Valentin nach jahrelanger Trennung wieder gemeinsam mit Liesl Karlstadt auf. Unterernährt starb Karl Valentin im Februar 1948, am Rosenmontag, an einer Lungenentzündung.

Ich möchte diesen Artikel mit den Worten von Christoph Schlingensief beenden: Valentin ist für mich einer der Größten!

(Geschrieben von Matthias Stöbener) 

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