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Selbst ist der Mann – und die Frau!

457979_R_K_B_by_Maret Hosemann_pixelio.de.jpgGestandene HeimwerkerInnen schrecken eigentlich vor nichts zurück. Da wird die Gartenlaube ebenso forsch zusammengezimmert wie ein Schwimmteich angelegt, das Badezimmer neu gefliest oder ein Schaukelpferd gebastelt. Geht nicht, gibts nicht, lautet die Devise.


An ein Atomkraftwerk Marke Eigenbau allerdings wagen sich nur die wenigsten heran, genauer gesagt, nur ein einziger: Der Schwede Richard Handl versuchte, in seiner Küche Atome zu spalten und somit seinen eigenen kleinen Kernreaktor aufzubauen, wie »Der Spiegel« (Ausgabe 33/2011) meldete. Ob es dem Hobby-Physiker dabei um die reine Machbarkeit ging, ob er Welteroberungsfantasien hatte oder ob er schlicht und ergreifend seine Energie selbst erzeugen wollte, bleibt im Dunklen. Tatsache ist, dass es dem selbst ernannten Strahlenexperten tatsächlich gelang, radioaktives Material in seiner Wohnung zu bunkern. Als Ausgangsmaterial für seine Atomkraftforschung besorgte er sich Thorium 232, das sich in Glühstrümpfen von Camping-Gaslaternen befindet und Radium, das in nachtleuchtenden Uhrzeigern zu finden ist. Dazu noch Schwefelsäure und Beryllium fertig war die Hexenküche. Womit der Atomspalter nicht gerechnet hatte: Seine brisante Mischung flog in die Luft und rief die schwedische Strahlenschutzbehörde auf den Plan. Handl hat nun mit einer saftigen Geldstrafe zu rechnen, weil er unerlaubt große Mengen radioaktiven Materials in einer Privatwohnung lagerte.


Solche strahlenden Höhenflüge sind den meisten HeimwerkerInnen zum Glück fremd. Das höchste der Gefühle sind Elektro- und Wasserinstallationen, bei denen auch eine ganze Menge schief gehen kann, mit fatalen Folgen wie Handläufen an der Treppe, die plötzlich unter Strom stehen oder Abwasser, das von der Dusche im ersten Stock den Weg nicht in die Kanalisation findet, sondern ins darunter liegende Wohnzimmer…


Doch von derlei Unbill lassen sich hartgesottene Do-it-yourself-Freaks nicht abschrecken. Dabei sein ist schließlich alles und der Weg das Ziel. Heißt: »Es geht ums Tun, nicht ums Siegen« (Konstantin Wecker: »Die Weiße Rose«). Egal, ob das Fertigparkett krumm und schief verlegt ist, die Schranktüren nicht schließen oder das Dach leckt, gebastelt wird, was gefällt. Schließlich lebt man sich dabei kreativ aus und spart vermeintlich eine Menge Geld.


Seit der Nachkriegszeit geht das nun schon so. Was erst blanke Notwendigkeit beim Wiederaufbau Europas war, wuchs sich bald zur echten Leidenschaft aus. Heimwerken wurde das größte Hobby von Millionen Menschen. Man schraubt, sägt, bohrt und lötet, was das Zeug hält. Der Handel reagierte darauf mit der Errichtung von Baumärkten, die nach dem amerikanischen Supermarktprinzip alles anbieten, was das DIY-Herz begehrt. »Bauhaus« war 1960 der erste Gemischtwarenladen dieser Art in Deutschland und erleichterte das Leben der Hobby-HandwerkerInnen ungemein. Mussten zuvor sämtliche Zutaten für ehrgeizige Projekte mühsam in Fachgeschäften zusammengeklaubt werden: Nägel im Eisenwarenladen, Zement beim Baustoffhandel, Tapeten im Farbengeschäft, fand sich nun alles unter einem Dach zum »Lust-Shopping« bereit.


Und auch Frauen sind dieser einstigen Domäne des »starken Geschlechts« nicht mehr abgeneigt. In den letzten 20 Jahren fand eine stetige Feminisierung der Baumarktszene statt. Warum noch auf den Kerl warten, wenn frau selbst eine Bohrmaschine halten kann? Zwar scheiterten bislang Versuche, spezielle Baumärkte für Damen hochzuziehen, mit mehr Heimtextilien und Dekomaterial. Aber der Trend geht eindeutig zum androgynen Baumarkt, der neben der »Hardware« wie Werkzeug, Holz und Schrauben auch Gardinen, Gartenaccessoires und Haushaltsartikel anbietet.


Lust bekommen auf eigene Projekte? Dann nichts wie drauflosgewerkelt! Aber lassen Sie bitte die Finger vom Heim-Atomkraftwerk. Das lohnt nicht, ist einfach zu gefährlich und obendrein verboten. Hier finden Sie jede Menge Anregungen für kreatives Tun:


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"Bauen und Handwerken im Garten" bei Jokers



Geschrieben von Petra Anne-Marie Kollmannsberger


Bild: Werkzeug © Maret Hosemann/www.pixelio.de

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