Suche
Close this search box.

Tiere essen in der Mittagspause?

Schwein.jpgAbschied von der Currywurst. In meiner Kindheit war sie Tradition: die Currywurst. Nach jedem längeren Bummel in der Stadt. Tja damals. Als die Schweine noch rosa und blauäugig waren. Doch heute ist alles anders. Vorbei die Zeiten des unschuldigen, weil unwissenden Genusses. Mir ist der Appetit vergangen. Gründlich!


Neulich in der Mittagspause war es wieder DAS Thema: Wie du isst kein Fleisch? WIESO DENN DAS? Bist du jetzt Vegetarierin oder was? Kein Fleisch zu essen gilt – selbst unter erklärten Tierfreunden – immer noch als uncool. Da hilft selbst der derzeitige Medienhype zum Thema Vegetarismus nichts. Oder die Verstärkung durch (von den Kollegen allseits bewunderten) Autoren wie Jonathan Safran Foer oder Karen Duve. Auch der nun endlich prominent gewordene Publizist und studierte Philosoph Richard David Precht hatte schon 1997 die glorreiche Idee, unser ambivalentes Verhältnis zu den Tieren unter die Lupe zu nehmen. Auf der einen Seite geben wir wie kaum ein anderes Volk Milliarden für unsere (nicht selten liebsten) Familienmitglieder, die Haustiere, aus Tendenz steigend. Auf der anderen Seite will kaum ein Volk weniger für fleischliche Kost bezahlen als wir.


In seinem Buch Noahs Erbe. Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen (inzwischen nur noch antiquarisch erhältlich) hinterfragt Precht ganz unsentimental unsere Unterscheidung zwischen Tier und Mensch. Er nennt Fakten, zitiert aus dem BGB und argumentiert sachlich überzeugend. Die unappetitlichen Details der Massentierhaltung hat er seinen Lesern im Gegensatz zu Foer und Duve weitgehend erspart. Seine Begründung: Wir wüssten ja genug über die Zustände, wollten sie jedoch nicht wahrhaben.


Korrekt! Wir wollen es nicht wahrhaben. Ich auch nicht. Deswegen werde ich mir auch Duve & Co. ersparen. Lieber werde ich gleich zum Vegetarier – ohne grausame Bilder im Kopf und folgende Brechreiz-Attacken. Aber vielleicht braucht es erst die drastische Darstellung des Leidens von Tieren, damit sich auch in bislang überzeugten Fleischessern und reinen Gewohnheitstieren etwas bewegt.


Versucht hat das Bernhard Grzimek schon im Jahr 1965: Der Zoo-Direktor und Tierfilmer hatte keine Scheu, die bestialischen Methoden der industriellen Geflügelschlachtung oder das brutale Schlachten von Robbenbabys zu dokumentieren (natürlich illegal). Damit schockte er zwar die ganze Fernseh-Nation doch viel hat sich seitdem nicht geändert.


Inzwischen ist es sogar wieder Mode, Pelz zu tragen wenn auch nur als kuschelige Deko für den Saum der Polyester-Kapuze. Dass dafür ja nur (niedliche) Waschbären getötet werden oder Marderhunden (in Asienauch Haushunden und Katzen) zum Teil bei lebendigem Leibe der Pelz vom Körper abgezogen wird, verdrängen modebewusste Menschen gerne. Oder halten so was für ein Ammenmärchen.Wer es genau wissen will:


http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,242477-2,00.html



Ja,ja – die Natur ist grausam. Und der Mensch ist ein Teil der Natur. Er ist leidensfähig und grausam zugleich. Doch bevor Sie jetzt falsche, weil fatalistische Schlüsse ziehen: Nicht nur der Mensch, auch Tiere sind leidensfähig. Wissenschaftlich inzwischen unbestritten. So argumentiert auch der Tierethiker Helmut F. Kaplan: Je weniger Leiden, desto besser. (…) Ethische Ideale werden nicht dadurch unsinnig, dass sie nicht vollständig verwirklicht werden können. (SPIEGEL 3/2011, S.45)


Tja denken Sie sich jetzt: Schon wieder so eine Gutmenschin. Pfui Deibel! Ja,ich gestehe: Auch ich will gut sein. Ich will nicht mehr nur auf spätrömisch-dekadente Art zartes Kalbsfilet, knusprige Hähnchenkeulen oder würzigen Schwarzwälder-Schinken goutieren.


Wenn, dann muss alles verwertet werden: vom Ochsenschwanz über das Kuhauge bis zum Schweineohr und auch der Hasenfuß. Aber tut mir leid da vergeht mir dann doch der Appetit. So was überlass ich dann lieber meinem Hund. Der ist wenigstens ein richtiges Raubtier und per definitionem Fleischfresser (Carnivora kommt übrigens von: caro, carnis Fleisch und vorare verschlingen.) Dabei hat er auch überhaupt kein schlechtes Gewissen. Garantiert.


Aber bitte: Verlangen Sie jetzt nicht von mir, dass ich konsequenterweise auch noch meinen Hund abschaffen soll. Der will schließlich auch leben. Wie war das noch mal mit den überzähligen Wildschweinen in hiesigen Wäldern? Da hätte man sich doch gleich noch das Agility-Training gespart. Aber stopp! Ich fang jetzt nicht noch an, über Sinn und Ethik der Jagd zu sinnieren. Vielleicht im nächsten Blog…


Geschrieben von Anne Eichmann.


Literatur für (potentielle) Vegetarier:


Kochbücher für Vegetarier bei Jokers:


http://www.jokers.de/9/vegetarisch.html?tt=1&ts=1


Alfred Biolek/Eckart Witzigmann: Unser Kochbuch – Vegetarisch. Verlag Tre
Torri:

http://www.weltbild.de/3/15818549-1/buch/unser-kochbuch-vegetarisch.html#produktbeschreibung


Bernhard Kathan: Zum Fressen gern. Zwischen Haustier und Schlachtvieh. Kulturverlag Kadmos :


http://www.weltbild.de/3/14391857-1/buch/zum-fressen-gern.html


Bild: © Kerstin Nimmerrichter/PIXELIO.DE

Diesen Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge