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Vom Stau-nen…

Jeder kennt ihn, keiner mag ihn: Stau ist allgegenwärtig, man entkommt ihm nicht in modernen Zeiten. Monsterstaus auf deutschen Autobahnen sind inzwischen so normal wie das tägliche Zähneputzen. Wir stauen uns bei der Essensausgabe in der Kantine, stecken in einer samstäglichen Warteschlange vor der Kinokasse fest und im Callcenter scheint ohnehin stets Stau hoch zehn zu herrschen. Darüber hinaus sind wir konfrontiert mit dem Reformstau und dem Druckerstau und werden bedroht vom Hitzestau und Blutstau…

Stau also überall, der totale Infarkt. Nur an einem Platz der Erde würde man ihn so gar nicht 800px-Annapurna_I.jpgvermuten: am Himalaya, jenem magischen Gebirgszug in Asien, zu dem die höchsten Berge der Welt zählen. Allein zehn der insgesamt 14 legendären Achttausender befinden sich dort. Der größte von allen, der Mount Everest, misst stolze 8.848 Meter und sollte vom Staugeschehen unbehelligt sein, sollte man meinen. Weit gefehlt!

Man höre und stau-ne: Auf dem berühmten Berg, dem Dach der Welt, Sitz vielfältiger Gottheiten, vielleicht sogar Heimat des sagenumwobenen Yeti, geht es inzwischen zu wie auf dem Ku´damm zur besten Shopping-Zeit. Ein Getümmel ohne Ende, auf dem Weg zum Gipfel steht man im Stau, was angesichts der Kälte und dünnen Luft schnell tödlich enden kann. An einem Wochenende im Mai verzeichneten Beobachter einen wahren Rekord des Gipfelstürmens. Rund 200 Kraxler versuchten ihr Glück und reihten sich in die Schlange ein, die nach ganz oben führte. Noch ein (trauriger) Rekord: Sechs Menschen verloren an jenem Wochenende am Mount Everest ihr Leben.

Warum das alles? Kann man nicht gemütlich mit der Seilbahn auf die Zugspitze schweben, einen Kaffee mit Fernblick genießen und wieder nach unten gleiten? Nein, kann man nicht. Höchstleistungen sind gefordert. In einer Gesellschaft, die dem Einzelnen eine immer größere Anpassung abverlangt, die regelt, zentralisiert und verordnet, wächst die verzweifelte Suche nach Individualität. Die einen züchten seltene Hühnerrassen, andere wiederum steigen gleich ganz aus oder probieren es mit Extremsportarten.

Psychologen sehen im Massenphänomen des Extrembergsteigens die Suche nach dem ultimativen Kick gepaart mit dem Wunsch nach Einzigartigkeit. Und so reicht es schon längst nicht mehr, den höchsten Berg der Erde zu bezwingen, manche versuchen, ihr Fahrrad mitzuschleppen oder den Trip nur mit der Unterhose bekleidet zu wagen. Da sei empfohlen: nackt und rückwärts laufend zum Nordpol; oder wahlweise ein Töpferkurs, das ist so exotisch, da fallen Sie garantiert auf!

Jenseits aller Gipfelstürmerei hier traumhafte Eindrücke von den Sehnsuchtsorten des Himalaya:

Buch Geo Special Himalaya
DVD Michael Palin – Himalaya
Buch Himalayan Kingdoms
Buch Himalaja

Autorin: Petra Anne-Marie Kollmannsberger
Bildquelle: Wolfgang Beyer / wikimedia commons

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