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»Von guten Mächten wunderbar geborgen«

Sie ist das derzeit wohl bekannteste Gesicht der evangelischen Kirche und das, obwohl sie keine hohe Position mehr innehat. Viel mehr noch: Wegen einer peinlichen Alkoholfahrt im Februar 2010 trat sie von ihren Ämtern als EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischöfin von Hannover zurück. Es hat ihr nicht geschadet, im Gegenteil: Sie ist daran gewachsen und auch die Achtung ihr gegenüber wuchs. Margot Käßmann hat das schier Unmögliche erreicht: Durch einen Fehltritt bzw. ihre Reaktion darauf hat sie Sympathien und Respekt gewonnen. Sie ist noch glaubwürdiger geworden, als sie es ohnehin schon war.


Die 1958 in Marburg geborene evangelisch-lutherische Theologin fiel während ihrer gesamten kirchlichen Laufbahn durch schonungslose Offenheit auf. Als sie 2006 an Brustkrebs erkrankte, machte sie das ebenso öffentlich wie ihre Scheidung ein Jahr später. Durch ihre Sympathien für feministische Theologie und das Verständnis für offen gelebte Partnerschaften homosexueller Pfarrer sorgte sie für Konfliktpotential in kirchlichen Kreisen, ebenso durch ihre Forderung nach radikaler Ökumene und einem Dialog mit dem Islam. Auch ihr bedingungsloses Eintreten für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahren der Schöpfung brachte ihr nicht nur Freundschaften ein. Ins Zentrum der Öffentlichkeit geriet Margot Käßmann durch ihre Kritik am Bundeswehreinsatz in Afghanistan. »Nichts ist gut in Afghanistan«, sagte sie in ihrer Weihnachtspredigt 2009. Ihrer Meinung nach seien der Rückzug der Armeen und zivile Konfliktbewältigungsstrategien der einzige Weg, dem gebeutelten Land Stabilität zu verleihen.


Nach ihrem Rückzug aus öffentlichen Ämtern, derzeit hat sie eine Gastprofessur an der Bochumer Ruhr-Universität, wurde es um Margot Käßmann keineswegs stiller. Auf dem evangelischen Kirchentag in Dresden, der Anfang Juni stattfand, war sie der Star, der die Massen anzog und wurde als »Mutbürgerin« gefeiert, wie es Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt ausdrückte. Und auch hier war Afghanistan wieder ihr großes Thema, mit dem sie kontroverse Diskussionen auslöste mit ihrer Meinung, es sei sinnvoller, mit den Taliban zu beten, als Tanklastzüge zu bombardieren.


Woher nimmt diese Frau den Mut und die Energie, immer und überall unbequem zu sein, anzuecken, sich einzumischen, die Stimme zu erheben und zu mahnen? Vielleicht liegt es an ihrer Grundüberzeugung: »Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand!«


Gedanken von Margot Käßmann gibt es hier auf DVD:


"Margot Käßmann in der Mitte des Lebens" bei Jokers



Geschrieben von Petra Anne-Marie Kollmannsberger

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