Bis zu seinem Tod im Jahr 2005 galt er vielen als eine Art soziales Gewissen, weil er in seinen Stücken die Zukurzgekommenen in den Mittelpunkt stellte („Tod eines Handlungsreisenden“, „Hexenjagd“) und dem Kommunisten-Jäger McCarthy die Stirn bot. Jetzt wurde bekannt, dass er einen Sohn hatte, der an einem Down-Syndrom litt, weswegen er ihn kurz nach seiner Geburt 1966 in ein Heim für Schwerbehinderte gab und ihn – im Gegensatz zur Mutter des Jungen – nie besuchte. Selbst in Arthur Miller Autobiographie „Zeitkurven“ findet Daniel, so heißt der Sohn, keine Beachtung. War es gekränkte Eitelkeit, die den großen Dramatiker so handeln ließ? Auch wenn es früher sicher üblich war, ein Kind, das an einem Down-Syndrom litt, in ein Heim zu geben: Eine solche Verbannung aus dem Leben Arthur Millers hätte niemand vermutet.
Wenigstens hat Arthur Miller seinen Sohn, der heute in einer Schwerbehinderten-Wohngruppe lebt, als vollberechtigten Erben anerkannt. Doch ein Schatten bleibt – auch wenn wir wissen, dass die Großen der Literatur und des Denkens keine Heilige sind oder sein müssen.