Suche
Close this search box.

Flaschenpost aus Costa Rica Teil 2: Tico Wind

Arenal_Tilaran 026.JPGAm Arenalsee, dem riesigen Stausee der Stromgesellschaft ICE, weht zu jeder Jahreszeit beständiger Wind. Das macht ihn zu einem beliebten Surfrevier. Doch die steife Brise bläst einem manchmal sehr unangenehm ins Gesicht und bringt jede Menge Regen mit. Und gerade hat sich über mir eine solche Regenwolke zusammengebraut. Denn seit heute bin ich sowohl Job als auch Unterkunft los. Jetzt sitze ich in einer Cabina und knabbere die bei den Ticos (so nennen sich die Costa-Ricaner) so beliebten Chips und Kekse aus dem Supermarkt.


Gekommen ist das so: Nachdem mich Thomas in einer Art Lagerhalle mit einem Bett aus Bierkisten untergebracht hat, ich wesentlich mehr arbeiten musste als besprochen, er sogar das Trinkgeld behalten hat und zudem heute wieder einen seiner cholerischen Ausbrüche hatte, habe ich mitten im Mittagsgeschäft meine Schürze ausgezogen und bin gegangen. Den vereinbarten Hungerlohn hat er selbstverständlich nicht herausgerückt.


Aber egal, insgesamt war die Woche eigentlich ziemlich spannend. Zum Beispiel waren wir im Rio Tabacon baden – ein vulkanisch auf Badewannen-Temperatur aufgeheizter Fluss. Da gibt es im Wald angelegte Becken mit kleinen Wasserfällen, die wegen des teuren Eintritts hauptsächlich von Amis besucht werden, aber wirklich ausgesprochen angenehm sind. Gerade weil es die ganze Woche ziemlich kalt und nass war.


 


Zu einer Fiesta in Arenal, zu der mich meine inzwischen Ex-Kollegin Flaka mitgenommen hat, haben sich dagegen keine Gringos verirrt. In einem spärlich ausgestatteten Saal neben dem Plaza del Torros (die kleinen Stierkampf-Arenen gibt es tatsächlich in fast jedem größeren Ort) haben eine mexikanische und eine Tico-Band zum Tanz aufgespielt. Dazu gabs Imperial aus der Dose. Flakas Cousin Justin hat gesagt, die spielen noch die gleichen Lieder wie damals, als seine Mutter jung war. Aber ehrlich gesagt habe ich zu den neuen Liedern auch keinen Unterschied gehört.



Arenal_Tilaran.JPGUnd dann hat mich noch der hier dauerurlaubende Surfer Horst ins nahegelegene Canas mitgenommen. Verblüffend, wie der Regen mit einem Schlag aufhört, sobald man die wolkenverhangene Talsenke verlässt. Mit Cuba Libre aus der Dose sind wir auf dem Kirchplatz gesessen und haben eine Unmenge an schwarzen Vögeln beobachtet, die sich in ohrenbetäubendem Gezeter um die besten Schlafplätze gestritten haben. Schließlich wird es schon immer um sechs dunkel. Da sind die Abende lang und die Unterhaltungsmöglichkeiten begrenzt.


 


Mal schauen, wohin mich der Tico-Wind nächstens hin weht. Ich glaube, meinen Geburtstag feiere ich erstmal am Strand von Nicaragua. Bis dahin verbleibe ich mit stürmischen Grüßen,


Anja Mayinger

Diesen Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge