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Adolfs wahre Geschichte

Kurz nach der Eröffnung des Berliner Wachsfigurenkabinetts riss ein Mann der dort ausgestellten Wachsfigur von Adolf Hitler den Kopf ab. Diese Tat war keineswegs ethisch oder politisch motiviert, wie sich bald herausstellte: Angeblich entsprang die Aktion einer Wette!

Eine seltsame Mutprobe, finde ich. Mir hätte eine politisch motivierte Tat gegen Rassismus und Intoleranz wesentlich besser gefallen. Ein Freund erzählte mir nämlich folgendes: In der Straßenbahn „plauderten“ zwei Jugendliche eben über diesen Anschlag auf Hitlers Kopf. Der eine hatte anlässlich des Attentats am 20. Juli 1944 auf die reale Person des Diktators ein Referat in Geschichte zu halten – und wusste überhaupt nicht, was er der Klasse vortragen sollte, wie er seinem Begleiter gegenüber zugab. Er erzählte seinem Kameraden, dass ihn der Film „Adolf H. – zwei Leben“ ziemlich verwirrte: Der pubertierende Jüngling war sich tatsächlich nicht darüber im Klaren, welche Version der Geschichte nun der Realität entsprach! Die wirkliche Geschichte Hitlers oder die erfundene, in der Hitler in die Kunstakademie aufgenommen wird.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahlMein Freund war genau wie ich mehr als schockiert. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich in dem Alter jener Knaben im Unterricht mit einem ähnlichen Thema betraut wurde. Auch ich sollte einmal ein Referat zum Thema „Nationalsozialismus“ halten. Ich verschlang damals ein Buch nach dem anderen zu dem Thema. Und mein Entsetzen wuchs. Später hat mein Sohn das Buch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ gelesen. Ich weiß noch, wie er mit der jungen Anna litt, deren Familie vor der Verfolgung durch die Nazis in die Schweiz und schließlich nach Frankreich flüchten musste.

Ich hätte im Alter der beiden jugendlichen Straßenbahn-Fahrer gewusst, dass Hitler nicht in die Kunstakademie aufgenommen wurde, dass er ein Versager war, ein gescheiterter Künstler und Psychopath, möglicherweise mit einer bipolaren Störung.

Es gibt viele Jugendbücher über das Thema. „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ ist ein autobiographisch gefärbter Roman von Judith Kerr, der den Deutschen Jugendliteraturpreis gewann. Ich hoffe sehr, dass er irgendwann auch verfilmt wird.

(geschrieben von Matthias Stöbener)

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