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Bleib weg, o Schlaf

Je sehnlicher man ihn herbeiwünscht, desto länger bleibt er aus. Andererseits übermannt er einen genau dann, wenn man ihn am wenigsten gebrauchen kann. Bei der Lektüre dröge geschriebener Biographien, in nervenden Meetings. Sogar am Telefon bei langweiligen Gesprächen mit Tante Herta, die zum x-ten Mal über ihre geschwollenen Beine referiert. Oder eben am Steuer. Letzteres ist natürlich der gefährlichste Ort für ein Schläfchen. Und doch kommt es immer wieder vor. Besonders auf langen Strecken pennen Lkw-, Pkw- und sogar Motorradfahrer weg. Sie erwachen schließlich im Krankenhaus oder gar nicht mehr.

„Jaja, das passiert halt den anderen, die nicht genügend Pausen einlegen“, dachte ich mir bisher immer. Und dann dies: Vor wenigen Tagen fuhr ich nach einem anstrengenden Wochenendseminar zurück nach Hause. Alle 100 Kilometer legte ich brav eine halbe Stunde Pause ein, trank vier Tassen Kaffee, lief mehrmals um mein Auto, machte Kniebeugen, brachte den Kreislauf in Schwung und war überzeugt, mir kein Hotelzimmer nehmen zu müssen. „Das halte ich locker durch“, dachte ich.

schlafenDer Verkehr war ruhig, die Strecke schnurgerade, die Stimmung friedlich. Ich fuhr entspannt, gelassen, mit unaufregenden 130 km/h dahin. Bis ich plötzlich auf- schrak. Ich wollte nur den Arm zum Blinker heben, und doch war es mir, als würde ich jäh aus dem Schlaf gerissen. Meine Augen waren die ganze Zeit geöffnet gewesen, und doch musste ich einge- schlafen sein. Das war Alarm genug, und ich fuhr auf den nächsten Parkplatz, um mich hier etwas „abzulegen“. Sofort schlief ich ein und erwachte erst, als der neue Tag schon längst angebrochen war. Ausgeruht brachte ich den Rest der Strecke hinter mich, ohne dass sich das „Trauma“ noch einmal wiederholte.

Diese Episode gab mir natürlich zu denken. Generell habe ich nächtens keine Probleme. Ich kämpfe weder mit zu wenig, noch mit zu viel Schlaf. Und das Phänomen einfach wegzunicken, ist mir nur aus Unizeiten bekannt. Wenn die Party am Abend zuvor lang gedauert hatte, konnte es schon einmal passieren, dass mir in der ein oder anderen Vorlesung die Augen zu fielen.

Aber man kann auch mit offenen Augen schlafen. Viele Vogelarten wie Enten, Tauben oder Hühner schlafen mit halb geschlossenen Augen bzw. einem geschlossenen und einem offenen Auge. Von Katzen erzählt man sich ähnliches. Auch die Meerschweinchen einer Freundin habe ich unter ähnlichem Verdacht. Fliegen, Spinnen, Regenwürmer und alle Tiere, die keinen Lidschlag haben, „schlafen“ mit offenen Augen. Aber die sitzen eher selten am Steuer. Bei allen anderen blinzelfähigen Tierarten ist es Brauch die Augen zu schließen, wenn das Sandmännchen angeklopft hat.

Recherchen im Internet brachten mich schnell auf Seiten, die sich mit „Mysteriösem“ beschäftigten. Schlaf als Eintritt in die Welt des Mystischen … In meinem Fall hätte der Sekundenschlaf im Auto sogar den Eintritt ins Jenseits bedeuten können. Übermüdet werde ich mich definitiv nicht mehr ans Steuer setzen.

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