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Depeschen

Am Wochenende hab ich mal wieder in die Röhre geguckt. »Napoleon« wurde gegeben, mit Christian Clavier in der Rolle Bonapartes. Wer Clavier nur als mittelalterlichen Büttel an der Seite Jean Renos kennt, wird sich hier übrigens die Augen reiben aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls erschien in einer Szene Talleyrand (grandios: John Malcovich in der Rolle des Elder Statesman) und übergab dem maladen König Ludwig XVIII. eine Depesche mit der Nachricht, Napoleon befände sich nach seiner Flucht von der Insel Elba bereits in Fontainebleau, um sich den Thron zurückzuerobern. Der König nahm daraufhin seine offenen Beine aus der Kamillentunke und reichte die Depesche zurück mit der Anweisung, der Kriegsminister möge sich gefälligst um den Störenfried kümmern. Der Rest ist Geschichte: Napoleon kehrte zurück, und Generationen von Schülern plagen sich seitdem mit der Schlacht von Waterloo …

Die Emser Depesche Überhaupt scheinen Depeschen (aus dem Frz. dépèche Eilbotschaft) in der Geschichte eher zu Ungemach geführt zu haben: Die berühmte Emser Depesche zum Beispiel war ein Bericht über die Verhandlungen König Wilhelms I. mit dem französischen Botschafter Benedetti in Bad Ems. Bismarcks Veröffentlichung einer redigierten, um entscheidende Details gekürzten Version löste 1870 den deutsch-französischen Krieg aus.

Mit der Krügerdepesche verspielte sich Wilhelm II. 1896 die Aussichten auf ein Bündnis mit dem britischen Empire: Als im Dezember 1895 die Briten Transvaal überfielen, wurden sie von den Buren vertrieben wozu Wilhelm den Präsidenten von Transvaal Krüger aufs Herzlichste beglückwünschte. Dem Bündnis, das durch freundliches Werben nicht zustande gekommen war, sollte so mit ein wenig Säbelrasseln nachgeholfen werden. Leider ging die Rechnung nicht auf. Und fortan beäugte man von der Splendid Isolation aus die Deutschen noch argwöhnischer als zuvor.

Die Zimmermann-Depesche schließlich war ein verschlüsseltes Telegramm, das der deutsche Staatssekretär Arthur Zimmermann 1917 an den deutschen Gesandten in Mexiko sandte. Mexiko wurden darin Gebiete in den Vereinigten Staaten versprochen, sollte es auf der Seite Deutschlands in den Krieg gegen Russland eintreten. Dummerweise wurde das Telegramm vom britischen Geheimdienst entschlüsselt. Und trug entscheidend dazu bei, die Öffentlichkeit Amerikas für den Kriegseintritt zu mobilisieren.

Zum Glück bieten die Jokers-Depeschen heute mehr Anlass zur Freude. Da soll noch einer sagen, wir hätten aus der Geschichte nichts gelernt!

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