„Aber was genau macht Kafka aus?“, war meine nächste Frage. Um ehrlich zu sein, ist es schon ein Weilchen her, seit ich zuletzt etwas von ihm gelesen habe – natürlich den „Prozess“. So erkundigte ich mich ein über Franz Kafka. Ich erfuhr, dass er die Erzählung „Das Urteil“ quasi in einem Akt lite- rarischer Schöpfung in nur acht Stunden niedergeschrieben hat. Dunkel erin- nerte ich mich auch noch an das bedrückende Gefühl, das mich damals bei der Lektüre des „Prozesses“ be- schlichen hatte. Die Recherchen veri- fizierten: Das albtraumhafte Gefühl, dunklen Mächten ausgeliefert zu sein – eben das „Kafkaeske“ – ist charak- teristisch für Kafkas Werk.
Mit Frauen soll er auch kein sonderlich glückliches Händchen gehabt haben. Seine große Liebe fand er erst mit 37, vier Jahre vor seinem Tod (er starb an Tuberkulose). Inwieweit da ein Zusammenhang besteht, kann ich nicht sagen.
Eine Anekdote am Rande fand ich bemerkenswert: Wenige Wochen vor seinem Tod soll Franz Kafka ein kleines Mädchen getroffen haben. Es war traurig, weil es seine Puppe verloren hatte. Kafka, so heißt es, schrieb ihr in den folgenden Wochen täglich einen Brief, der angeblich von der Puppe stammte. Diese berichtete, dass sie gerade auf Reisen sei, das kleine Mädchen ihr aber schrecklich fehle. Jeden Tag bekam das Mädchen einen neuen Brief. Die Puppe ging zur Schule, sie verliebte sich und heiratete. Der Briefkontakt dauerte so lange, bis das Kind gar nicht mehr traurig war über den Verlust der Puppe.
Ich frage mich, was für ein Mensch man sein muss, um eine so liebenswerte Tat zu vollbringen. Franz Kafka muss ein außer- gewöhnlicher Mensch gewesen sein.