
Es gab keinen Präsidenten, über den so viele schmutzige Witze kursierten. Sein Privat- und Liebesleben empörte und faszinierte die ganze Welt. Und bis heute fragt man sich, ob ein Politiker, also ein Mann der öffentlichen Aufmerksamkeit, tatsächlich auch im Privaten ein ethisch unantastbares Leben führen muss – oder ob er sich, wie jeder andere Sterbliche, nicht auch einmal einen Ausrutscher erlauben darf. Bill Clinton wurde sein Ausrutscher nie verziehen.
Michael Schwelien widmet sich in einem ganz besonderen Werk der Entzauberung eines Mythos: „Die voyeuristische Gesellschaft oder Bill Clinton und die Selbstzerstörung der amerikanischen Demokratie“ untersucht auf anschauliche Weise, wie es dazu kommen konnte, dass das höchste amerikanische Amt entzaubert wurde, ein politisch gelähmter Präsident mit sprichwörtlichem Knebel und metaphorischen Handfesseln im Amt bleiben, die Volksvertreter das Volk vergessen konnten und schlussendlich die Gewaltenteilung aus dem Gleichgewicht geriet.
(Geschrieben von Matthias Stöbener)