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Lebe lieber unsozial

Wer heutzutage nicht bei Facebook herumgeistert, existiert nicht, könnte man meinen. Das so genannte „soziale Netzwerk“ ist verpflichtend, will man nicht kontaktmäßig verarmen. Wenn Termine im Freundeskreis nur mehr über das „Buch der Fratzen“ publik gemacht werden, verliert, wer dort nicht angemeldet ist, schnell den Anschluss.

Für „Digital Natives“ ist das selbstverständlich kein Problem, soziale Netzwerke sind praktisch ihr Zuhause. Diese Ureinwohner des digitalen Zeitalters bewegen sich in virtuellen Welten ebenso sicher wie in der realen Welt – vielleicht sogar einen Tick sicherer. Für alle anderen, die „Digital Immigrants“, war es zuerst einmal Neuland, dass man seine Befindlichkeiten mehr oder weniger öffentlich via Computer ausbreitet. Und so mancher Oldie und damit Einwanderer in die modernen Zeiten mag sich auch gar nicht damit auseinander setzen.

Natürlich kann man sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen,ob es auch ein unsoziales Netzwerk gibt. Gibt es! Der New Yorker Designer Scott Garner hat es ins Leben gerufen für alle jene, die nicht so gerne Menschen begegnen möchten – im echten Leben wohlgemerkt. Sie können einfach die App „Hell is other people“ auf dem Smartphone installieren – frei nach Jean-Paul Sartres Werk „Die Hölle, das sind die anderen“ und schon können sie durch die Straßen schlendern, ohne lästigen Bekannten begegnen zu müssen. Wie praktisch! Kein Smalltalk, kein Händeschütteln, keine blöden Fragen nach Befindlichkeiten. Einfach seine Ruhe haben, den eigenen Gedanken nachhängen, unbehelligt seiner Wege gehen…

Das kleine Warnsystem zeigt sichere Zonen, in denen sich niemand bewegt, den man kennt, als grüne Punkte auf einer Karte an. Gefährliche Gebiete leuchten dagegen in Orange. Sie müssen also nie wieder der Schwiegermutter, bösartigen Nachbarn oder der Mathelehrerin Ihres Sohnes in die Arme laufen. Garner sieht sein Netzwerk für SozialphobikerInnen als Protestform gegen die vereinnahmende Art der sozialen Netzwerke. Nun könnte man einwerfen, damit erreiche er genau das Gegenteil und treibe die Menschen geradezu in virtuelle Freundschaftssysteme, weil man sich da ja nicht leibhaftig begegnen muss. Und außerdem muss man auch erst einmal digital vernetzt sein, damit die Eigenbrötler-App überhaupt funktioniert.

Wie auch immer – wir nehmen das Experiment zum Anlass, mal wieder zu betonen, dass man auch sämtliche Kommunikationsgeräte, angefangen vom Mobiltelefon über den Computer bis zum Smartphone, einfach mal ausschalten kann. Greifen Sie stattdessen zu einem guten Buch und gönnen Sie sich ein paar entspannte Schmökerstunden.
Lesestoff finden Sie hier: http://www.jokers.de/

Autorin: Petra Anne-Marie Kollmannsberger

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