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Schuld sind immer die anderen

Egal, was passiert, irgendwer ist immer schuld. Die Regierung, Geheimbünde, bestimmte Bevölkerungsschichten, Außerirdische oder einfach „die da oben“. Ob es sich um entgleiste ICEs, Flutkatastrophen, Inflation, Arbeitslosigkeit oder persönliches Versagen handelt – das alles ist kein Zufall, sondern gelenkt von „Eingeweihten“, die natürlich verdeckt vor dem bürgerlichen Auge arbeiten.

Ich habe schon einige Leute getroffen, die mir ihre Verschwörungstheorien ausbreiteten. Angefangen mit meiner abergläubischen Oma über einen rechtsradikalen Nachbarn bis hin zu dem guten Freund, der unerschütterlich an düstere Vorsätze der Regierung glaubt. Bislang habe ich ihren Ausführungen immer brav zugehört (man ist ja gut erzogen), geglaubt habe ich sie nie. Das Unglück, so dachte ich mir, ist viel zu umständlich zu koordinieren, als dass dahinter eine Verschwörung stehen könnte. Beweisen konnte ich diese Vermutung nicht.

Doch jetzt stieß ich auf den Begriff Friktion, den der preußische Offizier und Militärtheoretiker Carl von Clausewitz (1780-1831) geprägt hat. Ursprünglich bedeutet Friktion in der Mechanik nichts anderes als Reibung. Von Clausewitz übertrug das Phänomen in die Militärtheorie. Friktion ist demnach das, was den realen Krieg von den militärischen Planungen in der Praxis unterscheidet. Anders gesagt: Etwas kann auf dem Papier noch so gut geplant sein, in der Praxis gibt es immer kleinere und größere Schwierigkeiten, die sich nicht vorhersehen lassen. Je akribischer die Pläne, desto größer ist die Gefahr, dass das Projekt bzw. in meinem Fall die Verschwörung durch Unvorhergesehenes scheitert. Das kann schlicht ein ungeschickter Offizier sein, der die Munition fallen lässt. Oder das Wetter, das die Wege schlammig und unpassierbar macht.

Die Theorie, dass hinter allem eine ganz bestimmte Absicht unheimlicher Dunkelmänner steckt, ist damit für mich jetzt endgültig widerlegt.

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