Suche
Close this search box.

Brauchen wir ein Multi-Media-Grab?

Was feiern Sie lieber: Geburtstage oder Todestage? Ich nehme mal an, Sie feiern lieber einen Tag der Ankunft als einen Tag des Abschieds. Also den Geburtstag. Dann geht’s Ihnen wie mir.

FriedhofMich verblüffen deswegen immer wieder die Daten von runden Todes- tagen, die mir aus Zeitungen, Chro- niken, Internetseiten oder Literatur- Kalendern entgegen springen. Der 125. Todestag von Dante Gabriel Rosetti, der 20. Todestag von Primo Levi und der 125. Todestag von Ralph Waldo Emerson am 27. April 2007. Was? Sie kennen weder einen Rosetti noch einen Emerson? Von Primo Levi hat man schon mal was gehört. Na, dann haben wir erst recht keinen Grund den Todestag von Rosetti oder Emerson zu feiern.

Jetzt haben wir aber diese Namen gelesen. Das ist wie der Name auf einem fremden Grabstein. Manchmal bleibe ich vor einem Grabstein stehen und schaue mir einen fremden Namen an. Welches Schicksal mag sich wohl dahinter verbergen? Wann wurde die oder der Fremde geboren? Wann musste er von dieser Welt scheiden? Welchen Beruf hatte er? Ist der Gatte auch schon gestorben? An manchen Grabsteinen sind Fotos.

Neulich habe ich gelesen, dass ein modern denkender Steinmetz Grabsteine mit Bildschirm und Speicherplatte anfertigen will. Dann könnte man Filme aus dem Leben des Toten auf dem Monitor am Grabstein anschauen. Dann würden wir mehr über ihn erfahren. Natürlich wäre es dann vorbei mit der Ruhe auf dem Friedhof. Gut, die Leute vor dem Multimedia-Grabstein könnten Kopfhörer aufsetzen. Trotzdem wäre vor manchen Promi-Gräbern ein arges Gedränge und Getümmel. Und ob uns durch einen Film der Tote im Gedächtnis wieder etwas lebendiger wird, das möchte ich bezweifeln. Für solche Wiederbelebungen ist meine Phantasie besser geeignet. Ich setzte hierbei auf Erinnerungs-Arbeit mit viel Literatur.

Zeitlose ErinnerungenNehmen wir doch mal diesen Ralph Waldo Emerson, der vor 125 Jahren in dem Ort Concord im US-Staat Massachusetts verstarb. Nach Adam Riese müsste das am 27. April 1882 gewesen sein. Was war zu dieser Zeit los? Ich schnappe mir mein dickes Buch mit Geschichtsdaten. Nebenbei mache ich mir einen Tasse Tee. Den neuen Bio-Tee Ananas-Ingwer. Eng- länder trinken gerne Tee. Obwohl, Emerson wurde in Boston, in den Vereinigten Staaten von Amerika, geboren, stand noch bei seinen Daten. Ich erinnere mich an eine Boston-Tea-Party. Ging’s dabei nicht um die Unabhängigkeit der nordamerikanischen Siedler von England? Wann war denn diese Party und was war die Folge? Ich blättere weiter. Schon bin ich mitten drin in der Vergangenheit. Ach, so war das! Aha. Soso. Der Tee mundet wunderbar. Ich strecke meine Füße von mir, lese von Erfindungen und Entdeckungen, Geburten und Todesfällen, Revolutionen und Friedenschlüssen – und entspanne mich behaglich.

Auch wenn ich in Zukunft keine Todestage feiern werde, hat mancher doch was für sich, speziell der von Ralph Waldo Emerson. Ich bekomme sogar heraus, dass Robert Koch 1882 gegen den Erreger der Tuberkulose ein Mittel namens Tuberkulin entwickelt hat. Aber wo ist Ralph Waldo Emerson? Welches Schicksal steckt hinter diesem Namen? Ich blättere weiter.

Nachschlagewerke bei Jokers

Diesen Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge