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Das demokratische Buch

Literatur vom Autor zum Leser, das kann im Prinzip ganz einfach laufen. Das Internet macht´s möglich: Der Schriftsteller schreibt seinen Text und stellt ihn dann für jeden zugänglich auf seine Homepage. Der Leser klickt die Homepage an und liest den Text. Kein Lektor, der das Werk verstümmelt, kein Verlag, der das Geschriebene verschmäht, keine Zensur. Das ist Literatur in ihrer reinsten Form. Der einzige Haken daran ist, dass der Leser wissen sollte, welche Homepage er anklickt!

Fans von Elfriede Jelinek dürfte die Suche nicht schwer fallen: Unter www.elfriedejelinek.com veröffentlicht die österreichische Autorin und Nobelpreisträgerin in einer von ihr so genannten „Blogwurst“ Texte zu aktuellen Themen wie dem Inzestfall von Amstetten. Aber auch zur Politik äußert sie sich in der ihr eigenen radikal-vulgär-poetischen Sprache. Daneben steht ihr neuester Roman „Neid“ exklusiv online und darf, wie sie gleich auf der Startseite resolut verkündet, ohne Erlaubnis weder zitiert noch veröffentlicht werden. Damit verabschiedet sich Jelinek offiziell von ihrem Verlag und nimmt die Verbreitung ihres Werks selbst in die Hand.

Die Jelinek kann sich so ein Verhalten natürlich leisten. Aber die anderen Autoren? Nur wenige verfügen bereits über so viel Bekanntheit und Publicity, dass der Leser von sich aus auf ihre Homepage findet. Und dann: Kein Leser bezahlt für die Jelinek-Downloads. Was aber ist mit Autoren, die in ihrem Leben nicht so viel Geld verdient haben und mit Preisen überhäuft wurden wie die berühmte Österreicherin? Von was sollen die leben?

(geschrieben von Matthias Stöbener)

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