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Der Ritter mit dem wehenden Handtuch

Ritter bei JokersEs gibt viele Dinge, die ich aus dem Mund meiner Frau gerne höre. Ok, sie übertreibt manchmal, zum Beispiel, wenn sie mich mit „Sir Lancelot“ oder einfach nur „mein Ritter“ oder „mein Ritterchen“ anspricht. „Mein Ritter“ – das hat was, meine ich.

Bedenkt man allerdings, was im Mittelalter einen Ritter ausmachte, muss ich das Kompliment wieder von mir weisen. Hartmann von Aue zum Beispiel, der mittelhochdeutsche Barde schlechthin, beschrieb in seiner Verserzählung „Der arme Heinrich“ die ritterlichen Tugenden doch etwas anders, als ich sie mir gewünscht hätte:

„Ein ritter so geleret was,
daz er an den buochen las,
swaz er dar an geschriben vant.“

Und zwar bräuchte es êre (Ehrerbietung, Ansehen), stæte (Beständigkeit), triuwe (Hoffnung, Zuversicht) und milte (Freundlichkeit, Güte). So weit hätte ich mich als Ritter ganz gut geschlagen. Doch jetzt kommt’s: auch zuht (höfisches Benehmen) ist des Ritters Pflicht. Und dazu gehöre eben auch der Minnesang (und sanc vil wol von minnen).

Selbstredend habe ich itzo versucht, mein Weib durch meiner Stimme Wohlklang zu erfreuen. Was sie damit quittierte, dass sie sich die Ohren zuhielt und mich bat, doch lieber das Geschirr abzutrocknen. Dass das ein Ritter tun muss, schreibt Hartmann von Aue nichts. Blöd. Andererseits muss ich für meine geliebte Frau auch nicht hoch zu Ross gegen Drachen kämpfen, wie es Hartmann von Aue für die Ritter des Mittelalters vorsieht. Meiner Frau reicht es schon, wenn ich bloß den Müll raus trage. Hab ich es gut!

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