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Eine Korrespondentin in Moskau

Basilius-KathedraleVor einigen Tagen traf ich mich mit Olga in Tauplitz, das in der Nähe von Bad Ischl liegt. Olga kenne ich seit dem ersten Jokers Lyrik-Preis. Damals schickte sie ein Gedicht aus Moskau ein. Weil mich interessierte, wer hinter dem Gedicht steht, mailte ich ihr und erfuhr, dass sie Germanistik studierte. Seit dieser ersten Mail sind Hunderte von Mails zwischen ihr und mir geschrieben worden, wir haben uns auch schon in der Offline-Welt ge- troffen, zum letzten Mal im besagten Tauplitz, wo sie an der Tagung einer österreichischen Dichtervereinigung teilnahm. Als wir nachmittags in einem Café von Bad Ischl saßen, kamen wir auf das Jokers Blog zu sprechen und ich fragte sie, ob sie nicht Lust hätte, im Blog mitzuschreiben, sozusagen als Korrespondentin für Jokers in Moskau. Ich merkte, dass sie etwas unsicher war, die Aufgabe aber reizvoll fand. „Aber was soll ich denn schreiben?“, fragte sie. „Unser Blog beschäftigt sich mit Literatur, das weißt du ja. Schreib also über das, was du studiert hast: über deutsche Literatur aus russischer Sicht oder schreib über russische Literatur damals und heute. Zeig deutschen Lesern, dass die russische Literatur auch heute noch lebt und etwas zu sagen und nicht nur die Klassiker zu bieten hat.“ Olga nickte. „Ja, das wäre eine Aufgabe, da hast du Recht. Aber ob ich das kann, ich weiß nicht.“ „Versuch´s einfach“, ermunterte ich sie. Heute nun erreichte mich folgende Mail von Ihr:

Moskau Stadtführer„Lieber Matthias,

ich hab sehr lange nachgedacht, was ich für das Jokers-Blog schreiben könnte. Das Beste wäre, so meine ich, mit der Vorstellung der Stadt, aus der ich komme, zu beginnen. Ich habe bei Jokers in der Suche einfach "Moskau" eingetippt und gesehen, dass ihr relativ viele Bücher über Moskau habt. Ich habe einen Reiseführer über Moskau entdeckt, vielleicht könnte er im Artikel erwähnt werden? Wenn dir das Geschriebene nicht gefällt oder aus irgendwelchen Gründen nicht passt, gib bitte Bescheid. Ich werde mich auf dein Feedback freuen.

Hier mein erster Text:

Ich stand heute am Fenster in meiner kleinen Küche und beobachtete, wie bleischwere Wolken den Himmel über meiner Heimatstadt bedeckten. Zehn Minuten dauerte es, bis die Sonne keine Chance mehr hatte durchzukommen. Am Himmel knurrte es wie im Magen eines hungrigen Tieres. Ein starker Wind aus dem Westen hob den Pappelflaum in die Luft und jagte ihn wie Schnee durch die staubigen Straßen.

Plötzlich zerriss ein ungestümer Blitz die Wolken, danach krachte es heftig im Himmel, und ich sah die ersten großen Regentropfen auf die Gehwege fallen. Nach und nach verstärkte sich der Regen, und so stand bald die Riesenstadt machtlos da, überrumpelt vom Brüllen des Himmels, den heftigen Attacken des Regenfalles und den frechen Stichen des Blitzes. Eine Weile war Moskau hinter der dichten Wassermauer kaum mehr zu sehen.

Moskau BahnhofAllmählich ließ das Gewitter je- doch nach. Sonnenstrahlen durch- bohrten die spärlich werden- den Wolken und fanden endlich den Weg zur Erde. Ich betrachtete die erfrischten Baumkronen der Linden im Hof unserer Wohnan- lage und stellte mir vor, wie schön es jetzt wäre, einen Spaziergang über den Roten Platz zu machen, zu beobachten, wie die Sonne im Gold der Kuppeln des Zarenglockenturms spielt, wie sie die mächtige Kremlmauer liebkost und sich in den großen Schaufenstern des GUM spiegelt. Ich stellte mir den großen bunten Regenbogen über der Steinbrücke vor, die mit einem Fuß im Moskva-Fluss und mit dem anderen im Jausa-Fluss steht. Mit einem Lächeln auf den Lippen verließ ich unsere Wohnung, um mich in der Tiefe des U-Bahn- Tunnels zu verstecken und in einer halben Stunde im Herzen meines geliebten Moskau wieder aufzutauchen.“

Warum soll ich entscheiden, ob mir der Text, ob mir die Idee einer Russland-Berichterstatterin gefällt? Ich hatte ja schließlich die Idee. Mich interessiert euere / Ihre Meinung: Wollt ihr, wollen Sie hier im Blog hin und wieder etwas über die Literatur Moskaus / Russlands von einer Russin lesen? Wenn ja, engagiere ich sie als Co-Autorin und stelle sie vor.

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