Suche
Close this search box.

Jokers empfiehlt: „Das Rosie-Projekt“ und „Der Rosie-Effekt“

Darf ich vorstellen: Donald Tillman. 39 Jahre jung, gutaussehend, trainiert, intelligent, mit gutem Job. Klingt nach einem guten Fang oder? Doch der liebe Don ist Autist mit Asperger-Syndrom. Er empfindet schwer Gefühle und kann auch diese von anderen kaum wahrnehmen. Alles in seinem Leben ist perfekt durchorganisiert, denn Veränderungen bringen ihn ganz durcheinander. Doch Don sieht sein Anderssein keinesfalls als Krankheit. Er ist einfach nur „anders konfiguriert“ und gibt sich sichtlich Mühe in die gesellschaftliche Norm zu passen.

»Ich merkte mir einige zwischenmenschliche Verhaltenstechniken für den möglichen späteren Gebrauch.«

Doch dies gelingt natürlich nicht immer. Don fällt oft negativ auf und sein Verhalten wirkt verstörend auf fremde Menschen. Er ist nicht in der Lage Ironie oder Sarkasmus zu erkennen, nimmt alle Äußerungen wörtlich und sagt wiederum alles genauso wie er es denkt.

Nichtsdestotrotz ist Don ein Mann. Und er möchte eine Frau. Die Versuche seiner beiden (und einzigen) Freunde Gene und dessen Ehefrau Claudia Don zu verkuppeln scheiterten bisher alle kläglich. Don argumentierte, dass »die Erfolgswahrscheinlichkeit der traditionellen Verabredungsparadigma in keinem Verhältnis zu Aufwand und negativen Erfahrungen stand«.

So überlegt Don sich seine eigene, durchgeplante, strukturierte und ein klein wenig seltsame Vorgehensweise eine Frau zu finden. Er entwirft einen Fragebogen, der alle relevanten Daten erfasst und ihm idealerweise am Ende die perfekte Ehefrau „ausspuckt“. Eine Frau, die all seinen Ansprüchen genügt: Pünktlichkeit, kein Übergewicht, kein Rauchen und vor allem kein Alkoholkonsum. Um diese Frau zu finden, startet Don sein Ehefrauen-Projekt. Und so kam es, dass Rosie in Dons Leben purzelte. Rosie war unpünktlich, ein klein wenig verkorkst, rauchte, trank, arbeite in einer Bar und hatte rote Haare. Die denkbar inkompatibelste Frau, die Don hätte finden können. Doch Rosie braucht Dons Hilfe. Er ist Genetiker und soll ihr helfen ihren leiblichen Vater zu finden.

An diesem Punkt ahnt der Leser natürlich schon, was als nächstes kommt. Don und Rosie verlieben sich. Auf ihre eigenen seltsame und so sympathische Art.

Rosie zeigt Don die Welt mit anderen Augen  und so bekommt sie einen Platz in Dons Herzen. Doch auch wenn es vorherzusehen ist, ist es nicht weniger ergreifend.

„Wenn du jemanden wirklich liebst, musst du gewillt sein, ihn so anzunehmen, wie er ist.“ 

Mit „Der Rosie-Effekt“ findet die Geschichte rund um Don und Rosie seine Fortsetzung. Die beiden sind nach New York gezogen, wo Rosie ihre Doktorarbeit zu Ende schreiben will.

“Rosies physische Anwesenheit war ein überaus positives Ergebnis des von mir eingeleiteten Ehefrauprojekts, doch auch nach zehn Monaten und zehn Tagen des Ehelebens musste ich mich immer noch daran gewöhnen, Teil eines Paares zu sein”

Dann wird Rosie schwanger und Don reagiert in typischer Don-Manier: Er will der brillanteste Vater aller Zeiten werden! Dafür stürzt er sich in die Forschung, liest alles was es über Schwangerschaften zu lesen gibt und entwirft einen wissenschaftlich perfekten Schwangerschaftszeitplan für Rosie. Dass Rosie das alles gar nicht so toll findet, bekommt Don mit seiner fehlenden Fähigkeit zur Empathie kaum mit. Er will Rosie und sein Baby vor jeglichem Stress schützen und stolpert von einer Lüge zur Nächsten. Das Ganze geht soweit, dass Don Gefahr läuft Rosie zu verlieren. 

Am Anfang tut man sich schwer mit Don und seiner Art der Kommunikation. Wie er über Dinge denkt, lässt einen stutzen. Doch Don schleicht sich in das Herz seiner Leser. Mit seiner seltsamen, aber so liebenswerten Art, kann man Don einfach nicht nicht mögen. Zu sehen wie schwer er sich tut, und wie sehr er sich manchmal selbst im Weg steht, tut schon fast weh. Man möchte ihn packen und schütteln und gleichzeitig in den Arm nehmen und trösten. Der Autor Graeme Simsion hat seine Hauptfigur wirklich unglaublich gut beschrieben. Man lebt und fühlt mit Don wahrlich mit und wird dabei köstlich unterhalten. Auch wenn im ersten Teil kein richtiger Spannungsbogen aufkommt, ist die Geschichte herrlich anders, liebenswert und zuckersüß. Die Fortsetzung „Der Rosie-Effekt“ ist ein würdiger Nachfolger, auch wenn Don ein wenig an Überraschungseffekt eingebüßt hat und seine Lügenverstrickungen untypisch sind für ihn. Doch wenn man daran denkt, wie starr und vorprogrammiert Don zu Beginn der Geschichte gelebt hat, ist es umso schön, dass er am Ende erkennt er: „Gefühle haben ihre eigene Logik.“ Und das ist auch gut so.

Diesen Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge