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Jokers empfiehlt: Hannah Arendt – Wie ich einmal ohne Dich leben soll, mag ich mir nicht vorstellen

„Die Freundschaft und der Brief  zeichnen sich beide durch ihre Beweglichkeit aus, weil es nichts gibt, das ihnen von vornherein Dauer verbürgt.“

Wie lange ist es her, dass ihr euch die Zeit genommen habt, euren Freunden einen Brief zu schreiben? Eigentlich würde es ja nicht viel Zeit in Anspruch nehmen, aber in Zeiten von Whatsapp, Facebook und Co kommt kaum noch einer auf den Gedanken, einen handschriftlichen Brief zu verschicken. Schade eigentlich, denn die Überraschung und Freude einen zu erhalten, ist jedes Mal aufs Neue so schön. Mit diesem Gedanken habe ich mich dieses Jahr hingesessen und angefangen, all meinen Freunden eine Weihnachtskarte zu schreiben. Inspiriert wurde ich dabei von Hannah Arendts Buch: „Wie ich einmal ohne Dich leben soll, mag ich mir nicht vorstellen“.

Alleine der Titel hat eine seltsame Melancholie in mir erweckt. Wir haben sie alle, diese eine Person, ohne die wir uns ein Leben nicht mehr vorstellen können. Nur beim Gedanken daran, sie zu verlieren, bekommt man ein beklemmendes Gefühl in der Brust und das Atmen fällt einem auf einmal schwer. Allerdings muss es nicht immer die große Liebe sein, manchmal ist es auch eine einzigartige Freundschaft, die dieses Gefühl in uns erweckt.

Wer ist Hannah Arendt?

Hannah Arendt war eine jüdische deutsch-US-amerikanische politische Theoretikerin und Publizistin. Sie ist am 14. Oktober 1906 in Deutschland geboren, doch die Entrechtung und Verfolgung der Juden zwangen sie zur Flucht. Daraufhin lebte sie eine Zeit lang in Paris, bis sie 1951 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Seitdem sah sie sich als Amerikanerin und lebte bis zu ihrem Tod 1975 in den Staaten.

Freundschaft hatte für die politische Philosophin schon immer einen ganz besonderen Stellenwert. So beschrieb sie es als »tätigen Modi des Lebendigseins«. Und ist Freundschaft nicht auch genau das? Sie lässt einen lebendig fühlen, schenkt einem Vertrauen, Loyalität und auch Mut, da es immer jemanden gibt, der dich auffangen wird. Unabhängig davon, was du machst oder wie es endet. Hannah Arendt hatte das Glück, einige solcher Freunde in ihrem Leben zu haben. Aufgrund ihrer vielen Umzüge korrespondierte sie mit ihnen meist über Briefe. In „Wie ich einmal ohne Dich leben soll, mag ich mir nicht vorstellen“ sind einige der Briefe abgedruckt und versetzen den Leser dadurch realitätsnah in das damalige Leben. Zudem versteht man durch sie auch die Tiefe der langjährigen Freundschaft, die Hannah mit ihren Freundinnen Charlotte Beradt, Rose Feitelson, Hilde Fränkel, Anne Weil-Mendelsohn und Helen Wolff verband.

Fränkel zu Arendt: „Du bist der einzige Mensch in meinem Leben, zu dem ich voll und ganz ja sage. Entweder fehlt das Menschliche oder das Geistige Du hast alles in vollstem Maße.“
Arendt antwortet: „Wie ich einmal ohne dich Leben soll, mag ich mir nicht vorstellen“.

Jede dieser Freundschaften war anders. Dabei war eine nicht besser oder schlechter, sondern besonders in ihrem eigenen Sinne. Diese Frauen haben zu einer furchtbaren Zeit gelebt und mussten viel durchmachen. Sie alle kannten die Wirklichkeit von Emigration und Immigration und den Status, den mal als „Verfolgte“ hatte. Darüber hinaus wurden sie auch von anderen Katastrophen wie beispielsweise Krebs, nicht verschont. Was ihnen auch passiert ist, sie wussten immer, dass sie sich aufeinander verlassen können – und das hat die Kraft ihre Freundschaft ausgemacht.

Mein Fazit:

Hannah Arendt ist eine faszinierende Persönlichkeit, die eine interessante Lebensgeschichte hat. In diesem Buch hat man die Philosophin von einer ganz anderen, sehr viel persönlicheren Seite kennengelernt. Der Briefwechsel mit ihren Freundinnen war spannend zu lesen, wobei man sich doch des Öfteren wie ein „Eindringling“ gefühlt hat, der ein privates Gespräch belauscht. Ich fand den Austausch der Frauen und ihre Leben faszinierend und inspirierend. Wir könnten uns vermutlich alle eine Scheibe von ihrem Mut, ihrem Wissen und ihrem Tatendrang abschauen. Ich vermag mir gar nicht vorzustellen, wie schwer sie es hatten und mit welcher Last sie leben mussten – gerade zur heutigen Zeit sollten wir uns alle daran erinnern, wie gut es uns eigentlich geht. Das sollten wir Tag für Tag zu schätzen wissen.

Habt ihr das Buch schon gelesen? Wir würden uns sehr freuen eure Meinung in den Kommentaren zu sehen! Alle anderen finden das Buch hier: https://bit.ly/3oFGKYg

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