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Reparaturkultur gegen Wegwerfkultur

Von manchen Stücken kann man sich einfach nicht trennen. Bei mir war es ein Auto, ein betagter Renault Kastenwagen, der, als er in die Zwanziger kam, etliche Gebrechen entwickelte. Wirtschaftlich betrachtet war der Wagen nichts mehr Wert. Doch weil ich ihm so zugetan war, ihn schön fand, gerne damit fuhr und unendlich viel darin transportieren konnte, ließ ich klaglos all seine Wehwehchen kurieren. Irgendwann war so ziemlich alles an dem guten Stück erneuert. Natürlich, es spielte auch Trotz eine Rolle – gegen die vermeintlich vernünftige Umwelt, die mir einen praktischen kleinen Neuwagen ans Herz legte. Mein Argument dagegen: Für den Preis kann ich eine ganze Menge an meinem alten Vehikel reparieren lassen.

Wir leben in einer Kultur der Konsummaximierung. Die jahrzehntelange Erhaltung von Dingen des täglichen Gebrauchs ist nicht vorgesehen. Ich erinnere mich an einen wütenden Beschwerdebrief einer Freundin, den sie an einen namhaften deutschen Produzenten von Outdoor-Produkten schrieb, weil sich nach zehn Jahren bei ihrem häufig gebrauchten Rucksack die innere Beschichtung in eine klebrige Unannehmlichkeit verwandelte – viel zu früh, wie sie fand. Nicht so der Hersteller. Man antwortete lapidar, nach „so langer Zeit“ sei es ganz normal, dass das Material ermüde.

Vielleicht sind manche Ansprüche an die Qualität der Gegenstände zu hoch. Es ist jedoch eine Tatsache, dass viele Artikel, gerade im elektronischen Bereich, sozusagen eine Sollbruchstelle im System haben. Sie geben just dann ihren Geist auf, wenn die Garantiezeit kurz überschritten ist. Ärgerlich, aber leider so vorgesehen. Man spricht von „geplanter Obsoleszenz“ – von lateinisch obsolescere, gleich sich abnutzen, alt werden. Egal ob Computer, Radio oder elektrische Zahnbürste – die schönen Dinge könnten faktisch viel länger halten, als sie es in der Regel tun; eben weil bewusst minderwertige Bauteile mitverarbeitet werden, die eine lange Lebensdauer verhindern. Verbraucherschützer weisen schon lange auf diesen Mechanismus hin. Aus Herstellerkreisen ist zu vernehmen, gezielte Produkte-Selbstzerstörung zur Wirtschaftsförderung sei eine moderne Legende.

Wie auch immer, es gibt eine Gegenbewegung: die Kultur der Reparatur. Früher war es ganz normal, durchgelaufene Schuhe zum Schuster zu bringen. Das könnte heute auch wieder so werden. In vielen Städten eröffnen so genannte Werkstatt-Cafés, in denen Wissen und Werkzeuge weitergegeben werden. Und es gibt Strick- und Nähstuben, in denen zum einen Neues geschaffen, aber auch alte Klamotten zum Upcyclen kommen.

Über diese schöne Sache hat Wolfgang M. Heckl ein faszinierendes Buch geschrieben, eigentlich eine Reportagesammlung über die vielen Formen des Recycelns und Raparierens als alternativer Entwurf zum Konsumwahnsinn.

Und es gibt eine wunderbare Anleitung, Lieblingsstücke im Kleiderschrank für die Ewigkeit zu erhalten, in dem man sie einfach „klont“:

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Autorin: Petra Anne-Marie Kollmannsberger

 

 

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