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Sparen Sie 1.000 Mark!

Perlen aus dem ersten Jokers Katalog – 

Beim Blättern in der „Nummer 1“ merkt man sofort: Hier wird an allem gespart…  natürlich um die Ersparnis gleich an die Kunden weiter zu geben, aber…
Im Ernst, hier waren echte Schwaben am Werk (Jokers wurde 1999 in Augsburg von einer Handvoll echter Schwaben und Wahl-Schwäbinnen gegründet)! Das dünne Papier war günstig und sorgte natürlich auch dafür, das der Versand an tausende neue Jokers Kunden nicht zuviel Porto kostete – schließlich war das Ding 120 Seiten stark.

Betrachten wir uns gemeinsam diesen „Dinosaurier des Direktmarketings“, und wir JokerianerInnen von 2024 haben das intensiv gemacht, dann bekommen wir etwas Ehrfurcht und sind stolz auf unser Erbe. Wir wundern uns wie wir’s geschafft haben uns über all die Jahre treu zu bleiben, denn viele Artikel zu 9,95 DM würden wir heute wieder anbieten – für 4,99 € halt.
Aber wir müssen auch mal ein bisschen Schmunzeln, denn 1999 ist geschlagene 25 Jahre her und die Welt war etwas kleiner damals, sehen Sie selbst…

Mehrere Äpfel und kein Ei, dafür 24h Bestelltelefon.

In der Buchbranche war er ein Paukenschlag - DER Katalog der Restauflagen! 1999 war die Buchpreisbindung zwar noch kein Gesetz, hatte aber als Branchenvereinbarung verpflichtende Gültigkeit. Bücher mussten damals wie heute überall dasselbe kosten, in der Buchhandlung , an der Tankstelle, im blutjungen Internet. Apropos: wo steht hier die Internetadresse? Fangfrage: Es gab noch keine! Seinen Onlineshop eröffnete Jokers erst ein halbes Jahr später. Dafür konnten Sie trotzdem nachts um 3.00 Uhr Ihrer Bestelllust frönen: Das Bestelltelefon war besetzt. Hier noch ein Suchsel: Als Symbol der Frische und des niedrigen Preises (´n Appel un Ei) finden Sie auf dem Katalog diverse Lebensmittel, oder?

1.600 Bücher auf 120 Seiten und... Gratis Spielkarten!

Gleich auf der dritten Seite haut einen gleich das Inhaltsverzeichnis um: Ein Vollsortiment an Resten zu den nischigsten Themen - Jokers hat´s! Wenn auch manchmal nur Kleinmengen, hier gleich der Tipp schlechthin: "Gleich auf Vorrat mehr bestellen (falls einige Titel vergriffen)" - DAS gilt heute noch. Auch Reste und Mängelexemplare machen heute noch 98% des Jokers Sortiments aus - Die Spielkarten, die hier versprochen wurden, sind inzwischen begehrte Sammlerstücke: Ich habe mein Päckchen 2010 meinem Neffen "vermacht"; Haben Sie Ihre noch?

Krimis für Zweifuffzich!

Das sind 1,28 €, das war auch vor 25 Jahren nicht viel Geld - Bedenken Sie: Ein Paket Zucker kostete 0,48 € und die Tüte Milch 0,67 €.
Für 108,- € konnte man mit dem ICE von München nach Hamburg fahren und wenn man seinem Brieffreund von Jokers erzählen wollte kostete das 56ct Porto (WhattsApp gab es damals noch nicht). Im Durchschnitt kostete ein Buch im "Jokers 1" 7,68 DM - umgerechnet 3,93 € (Ohne Inflationsausgleich).
Vergleichen Sie selbst, aber wir finden damit können unsere heutigen Preise durchaus konkurrieren.

Wie wir den alten Brecht aus dem Keller befreiten:

Zu vielen Artikeln gab es echt spannende Geschichten zu erzählen, zum Beispiel diese:

Wenn wir für Sie nach wirklich guten Büchern suchen, führt uns unser Weg natürlich auch nach Frankfurt in die Archive des Suhrkamp Verlages. Und da haben wir diesmal einen wahren Schatz entdeckt... Aber lassen Sie uns am Anfang begin­nen, genauer gesagt im Konferenzsaal des hoch­geschätzten Verlagshauses. Während wir hier um die Preise einiger 11lschenbücher feilschten, fiel unser Blick auf die erste Brecht-Gesamtausgabe, die die Suhrkämper hier stolz hinter Glas ausgestellt haben. Ein beeindruckendes Werk: 40 Bände schwer und gebunden in traditionellem Grobleinen - ein solides Stück Handwerkskunst und ein Meilenstein der Literaturgeschichte, für den Liebhaber den Antiquaren Höchstpreise zahlen. Schade, schade«, seufzten wir, »daß diese Ausgabe heute kaum noch zu bekommen ist.« Nun ja, hieß es da plötzlich, die komplette Edition vielleicht nicht, jedoch sei man neulich im alten Handlager auf einige Einzelbände gestoßen, über die man vielleicht... Aber da waren wir schon unterwegs in den Keller! Tatsächlich: Ausgerechnet die Bände 6, 8 und 9, welche die Gedichte aus dem Nachlaß und Brechts persönlichem Archiv enthalten, lagen da unter einer ansehnlichen Staubschicht begraben. Klar, daß dieser Schatz sofort geborgen werden mußte. Wir haben die absolut letzten 240 Exemplare persönlich entstaubt und in unserem Lager in Sicherheit gebracht.
Bertolt Brecht Gedichte bei Jokers nur 18,- DM

Von Signaturen und fallenden Apfelbäumchen:

...oder diese:

Der Verleger«, so scherzte Alfred Döblin einst, »schielt mit einem Auge nach dem Schriftsteller, mit dem anderen nach dem Publikum. Aber das dritte Auge, das Auge der Weisheit, blickt unbeirrt ins Porte­monnaie.« Gut, daß sie nicht alle so sind - schlecht, wenn gerade ambitionierte Ver­age mangels Geld aufgeben müssen. Jüngstes Beispiel: Rasch und Röhring. 15 Jahre lang beeindruckte der Hamburger Verlag uns mit seinen erstklassigen Büchern jetzt wird er leider, leider auf­gelöst. Klar, daß da auch wir in der Han­sestadt vorbeischauten, um Abschied zu nehmen. Und wenn wir kondolieren, dann kaufen wir auch: das bringt dem Verleger Geld und Ihnen schöne Bücher! Davon hatten wir schon einige für Sie beiseitegeschafft, als einer der größten Erfolge des Verlages auf den Verhand­lungstisch kam: Hoimar von Ditfurths großartige Streitschrift für ein ökologi­sches und humanistisches Bewußtsein »So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflan­zen«. Leider waren nur noch exakt 56 Ex­emplare am Lager. »Lieber nicht«, sagten wir in Gedanken an all die hoffnungsfro­hen Besteller, die wir mit einem »Leider schon ausverkauft« enttäuschen müßten. Und dabei wäre es geblieben, wenn uns das Musterexemplar nicht zufällig aus der Hand geglitten wäre. Da lag das »Apfel­bäumchen« plötzlich aufgeschlagen vor uns und zeigte die handschriftliche Signatur des 1989 verstorbenen Autors! Sollten womöglich alle 56 Bücher? Doch, doch«, versicherte man und schlug postwendend vor, wir könnten diese Ein­zelstücke dann ja sogar teurer anbieten. Aber nicht mit uns! Wir haben diese letz­-ten 56 Exemplare für Sie gekauft und Signatur hin oder her - den Preis brutal gesenkt.
»So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflan­zen« bei Jokers nur 18,- DM

Mein absoluter Liebling!

Manches lässt sich der jüngeren Generation nicht verlustfrei vermitteln: So auch mein Lieblingsartikel aus dem "Jokers 1". Was ein Mahnfax ist, und warum das Versenden früher ein Riesen-Spaß war, wissen laut meiner jungen KollegInnen zwar nur "Boomer" und das Cover ist reichlich "cringe". Aber ich fühle mich allein durchs Betrachten dieses Angebots um 25 Jahre zurückversetzt. Vielleicht ist es auch das nonchalante Erwähnen von 90s Supermodel Cindy Crawford. Und der Preis erst: Nur Fünf Mark - Ein Bollerrad, wie meine Oma immer zu sagen pflegte. Und wie bestellten Sie das Buch am Besten? Na mit dem Fax-Vordruck, der jedem Katalog beilag - Versteht sich.

Das Beste zum Schluss

Nicht streiten lässt sich über die letzte knackige Werbebotschaft des ersten Jokers Katalogs (intern bereits JOK-OPA genannt), auf der letzten Doppelseite ist zu lesen „Kaufen Sie alle Bücher auf dieser Doppelseite und sparen Sie 1.000 Mark!“ – Im heutigen Wettbewerbsrecht ist diese Botschaft illegal, aber wahr ist sie trotzdem.

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