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Spekulationen

Theodor FontaneSchon mehrmals schrieb ich an dieser Stelle über eine befreundete Philoso- phin, die in regelmäßigen Abständen seltsame Symptome zeigt: Ihre Krank- heit ist die Verzweiflung an den nicht lösbaren Fragen des Universums, die sie quartalsmäßig dazu zwingt, ein ganzes Wochenende zu Hause mit Grübeln zuzubringen. Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Was bleibt von der Liebe, wenn sie geht? Können wir jemals die Welt einer anderen Person teilen, wenn doch unsere Wahrnehm- ung der einfachsten Dinge so grund- verschieden ist?

Längst habe ich aufgegeben, sie mit Vernunft zur Räson bringen zu wollen – es existiert schlichtweg kein Argument, dass sie nicht mit einer metaphysischen Weisheit entkräften könnte. Leider verstehe ich meinerseits nicht so viel von Philosophie, um sie zum Beispiel mit einem Zitat Kants, des großartigen Erkenntnis- theoretikers, von der Sinnlosigkeit transzendentaler Spekulationen überzeugen zu können.

Also suche ich in meinem Metier, der Literatur, Schützenhilfe. Und so kam es, als sie mich kürzlich am Telefon mit ihren nicht lösbaren Existenzfragen überschüttete, dass ich Theodor Fontane zitierte:

"Halte dich still, halte dich stumm,
Nur nicht forschen, warum, warum?

Nur nicht bittre Fragen tauschen,
Antwort ist doch nur wie Meeresrauschen.

Wie´s dich auch aufzuhorchen treibt,
Das Dunkel, das Rätsel, die Frage bleibt."

Kurz blieb sie still am Telefon, dann hörte ich sie lachen: "Mensch", kicherte sie, "ich hätte nie gedacht, dass Fontane so viel mit Wittgenstein gemein hatte: Der sagte nämlich: Worüber du nicht reden kannst, darüber musst du schweigen." Und dann legte sie gut gelaunt auf – die metaphysische Krise war fürs Erste mal wieder abgewendet.

Der weise Fontane bei Jokers

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