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Ein Tag im Spaßbad

Weihnachtsgeschenke sind eine feine Sache. Besonders, wenn sie so liebevoll ausgewählt werden wie von meiner Frau. „Einen Tag Wellness pur im Spaßbad deiner Wahl“ stand in dem Brief, den sie mir freudestrahlend neben dem Weihnachtsbaum überreichte. Erholung kann man nie genug bekommen, und so fand ich mich auch schon wenige Tage später im Saunabereich des „Spaßbades meiner Wahl“ wieder.

Einige Bahnen kräftigen Brustschwimmens im Sportbecken, ein paar flotte Runden im „Wildwasserkanal“ des Abenteuerbeckens und ein paar Schluck Chlorwasser in der Spaßrutsche „Freier Fall“ später war ich mehr als reif für Erholung. Und begab mich in die fachkundigen Hände einer Masseurin. Erwartungsfroh legte ich mich bäuchlings auf die Massageliege, als auch schon die Tür aufging. Herein kam aber keine Masseurin, sondern ein fleischgewordener Frauentraum, Mister Masseur schlechthin. Groß, solariumgebräunt, muskulös und tätowiert. Und schon hatte er mich in Bearbeitung, an Flucht war nicht mehr zu denken. Vor Schreck verspannte ich mich dermaßen, dass ich nach einer Viertelstunde „Rückenmassage“ den Behandlungsraum verkrampfter verließ, als ich ihn betreten hatte.

„Sauna macht locker“, dachte ich mir und schleppte mich in den Wellnessbereich. Das Dampfbad schien mir der geeignete Einstieg. Als ich mich, sanft umwabert von wohltuenden Dampfschwaden, endlich begann zu entspannen, fiel mein Blick auf meine „Mitschwitzer“. Wo ich auch hinsah, gab es mehr zu schauen als erwartet. Ein Indiankopf auf dieser Schulter, ein Totenschädel auf jenem Arm. Auf dortigem Hintern ein – pardon – „Arschgeweih“, auf jenem Bizeps ein Dornenkranz. Tribals, heulende Wölfe, apokalyptische Szenarien und unzählige Rosen so weit das Auge reichte. Hier und da wurde das Körperbild durch Piercings ergänzt. Ich sah viele Bauchnabel-, manche Augenbrauen-, zahllose Nasenpiercings, und andere erahnte ich durch ein kurzes Aufblitzen an Stellen, die ich nicht genauer betrachten wollte. Kurz und gut: Ich war fast der einzige gänzlich ohne Körperverzierung. Das schien den anderen auch aufzufallen, zumindest bildete ich mir das ein.

BadewanneEilig verließ ich das Dampfbad. In allen Saunen, in die ich einen kurzen Blick warf, das Gleiche: verzierte, gestylte, bewusst ver- schönerte Körper. Ich war ver- zweifelt. Einziger Ausweg und letzte Rettung schien mir der Whirlpool. Das Wasser blubberte hier so schön dicht und hoch, dass außer meinem mittlerweile von Spannungskopfschmerz geplagten Haupt nichts mehr von mir zu sehen war.

Nach einer halben Stunde im warmen Sprudelbecken fühlte ich mich weitgehend wieder hergestellt, um auch den Außenbereich des Spaßbades zu erkunden. Doch als ich die Stufen aus dem Becken beherzt nehmen wollte, rutschte ich aus und landete unsanft auf meinem Hintern. Das gab mir den Rest. Ich eilte zu den Umkleiden, zog mich an und verließ fluchtartig das Spaßbad meiner Wahl.

Daheim angekommen gönnte ich meinem geschundenen Leib als erstes ein richtiges Entspannungsbad in der eigenen Badewanne – in Ruhe dabei ein Buch über meine Heimatstadt lesend. Das tat gut!

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