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Spring dich frei!

Badewetter„Hurra, was haben wir dieses Jahr doch für einen wunderschönen Som- mer!“ Mit diesem Ausruf auf den Lippen kam am Wochenende ein guter alter Freund bei mir vorbei, um mich kurz zu besuchen. Sein listiger Hintergedanke war ein anderer. „Mensch, bei dir ist es ja brütend heiß! Stell dir vor, das Wasser im Freibad hat 25 Grad!“ Er brauchte gar nicht mehr lange weiter zu reden. Sofort hatte ich Badehose und Liege eingepackt und wir waren auch schon auf dem Weg. Es war einfach herrlich. Bei strahlendem Sommersonnenschein schwammen wir im Sportbecken brav ein paar Bahnen und schauten den Kindern beim Rutschen und Springen zu.

Doch dann überkam es meinen Freund. „Ich will rutschen“, hörte ich aus dem Mund des 38-jährigen Geschäftsführers. Glücklicherweise konnte ich ihm diese Peinlichkeit für uns beide gerade noch ausreden. Immerhin handelte es sich auch wirklich um eine Kinderrutsche mit so geringem Gefälle, dass wir beiden „gestandenen Mannsbilder“ schon nach wenigen Metern nur noch mit den Händen schiebend vorangekommen wären. „Gut, aber dann springen wir wenigstens.“ Sprach´s, und schon war er auf dem Weg, die Leiter zum Fünf-Meter-Brett zu erklimmen.

Was soll ich sagen. Natürlich konnte ich da nicht einfach unten stehen bleiben und zusehen, wie sich mein alter Freund vor den Badegästen zum Narren macht. Also bin ich mit hinauf. Und da standen wir auch schon. In einem Pulk Kinder, die alle springen wollten, von denen jedoch schon einige so lange mit sich haderten, dass sie von der Sonne bereits gefährlich gebräunt waren.

SchwimmbadMit einer Entschlusskraft, die ich sonst nur von seinem Geschäftsgebaren her kenne, schob mein Spezi die Zaudern- den bei Seite und – sprang! Als ich vollkommen perplex nach unten sah, wo mein Freund gerade an den Beckenrand schwamm, fiel mir auch schon ein, warum ich mich seit über 20 Jahren nicht mehr in dieser Lage befunden hatte: Ich habe panische Angst vor Höhe! Fünf Meter sind zwar nicht besonders hoch, doch für mich war es, als stünde ich auf dem Münchner Olympiaturm. Ich warf einen unsicheren Blick auf die Kinderschar, die sich mittlerweile um mich herum gebildet hatte, und hämisch grinsend auf meine Blamage wartete. In einem Buch über „mehr Selbstbewusstsein“ hatte ich neulich gelesen, man solle sich Angstsituationen bewusst stellen und diese, ohne groß nachzudenken, meistern. Das war jetzt wohl die Gelegenheit dazu. Ich nahm Anlauf, schloss die Augen und sprang.

Als ich schließlich vollkommen derangiert wieder auftauchte, gratulierte mir mein Freund: „Das war wirklich ein toller Schrei!“ Mein brennender Hintern verriet mir zudem, dass ich in einer wenig eleganten Körper- haltung aufgekommen sein muss. Aber immerhin: Ich bin gesprungen. Doch noch glücklicher bin ich darüber, dass es in diesem Freibad kein Zehn-Meter-Brett gegeben hat…

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