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Untergegangenes wiederbelebt

Eine Freundin von mir hat ein seltsames Hobby: Seit mehreren Wochen lernt sie jeden Tag ein neues altes Wort: Herrlich paradox mutet das an, wenn sie also ihren "Poetenkasten", die frühere Bezeichnung für das Hinterstübchen, anstrengt, um vergessene Wörter wieder zu neuem Leben zu erwecken. Schon manches Mal sorgte sie damit für herrliches Gelächter, zum Beispiel, wenn sie, blind vor Rage, den Streitpartner als "Meerschäumer", heutzutage würde man wohl eher von einem "Piraten" sprechen, bezeichnet.

Nabil Osman: Kleines Lexikon untergegangener Wörter - Nabil OsmanIn ihrem Lerneifer geht sie keineswegs chronologisch vor: Sie öffnet ihr "Kleines Lexikon der untergegangenen Wörter" an beliebiger Stelle und guckt einfach mal, was ihr da ins Auge springt. Und dann versucht sie, dieses neue alte Wort in Alltagsgesprächen anzuwenden: So kann es sein, dass sie deshalb nicht mit zum Schwimmen kommt, weil sie gerade ihre "Blume" hat, oder dass sie einen Mann "ausfensterte". Und wenn die Zeugemutter, die Natur, mal wieder mit einem wunderbaren Regenbogen- Schauspiel glänzt, so kommt ihr das durch und durch "englisch", engelhaft, vor. Zum "Harnpropheten", also dem Arzt, geht sie äußerst ungern und statt guter Besserung wünscht sie nun "gute Auffkunft".

Heimlich habe ich mir nun dieses sagenhafte Werk auch besorgt: Das nächste Mal, wenn ich sie treffe, werde ich mich dann, wenn ich mal für kleine Jungs muss, mit den Worten entschuldigen, dass ich eben mal hofiren gehen muss…

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