Nennen Sie mich
ruhig einen Träumer oder gar einen Idealisten. Aber Literaturverfilmungen stehe
ich grundsätzlich skeptisch gegenüber. Es gibt wenige Bücher, die ich unbedingt
auf der Leinwand zum Leben erweckt haben muss. Meistens habe ich die gelesenen
Bücher so lieb gewonnen, habe die Charaktere, die Schauplätze, die Handlungen
in meiner Fantasie so schön ausgeschmückt, dass ich gar nicht wissen will, wie
dies alles wohl ein Regisseur sehen könnte: Welche Schauspieler die Hauptrollen
spielen, ob die Dialoge nur sinngemäß oder (wie es mir natürlich am liebsten
wäre) wörtlich übernommen wurden, und welche Szenen dem Schnitt zum Opfer
fielen – all dies entzaubert Bücher für mich ein bisschen.
Doch es gibt
Ausnahmen: 21 Jahre, nachdem Patrick Süßkind „Das Parfum“ geschrieben hat, wagt
sich jetzt der relativ junge und innovative Tom Tykwer (man kennt ihn von „Lola
rennt“) an die Verfilmung. Und das, nachdem Kult-Regisseur Stanley Kubrick das
Buch als „unverfilmbar“ bezeichnet hatte. Wie wird Jean-Baptiste Grenouille
wohl dargestellt werden? Der unmenschliche Junge ohne eigenen Körpergeruch, der
dafür über einen überirdischen Geruchssinn verfügt, und, um das perfekte Parfum
herzustellen, 25 junge Mädchen umbringt und ihren Duft stiehlt.
Meine größte Sorge
gilt immer der Atmosphäre. Diese sublime und schwebende, leicht romantische
Stimmung des Frankreich im 18. Jahrhundert. Die vielen Stimmungswechsel, welche
die Literatur doch mit so völlig anderen Stilmitteln – der reinen Sprache –
erzeugt als der Film. Mit Schaudern denke ich da an früher zurück, als die
Verfilmung der „Unendlichen Geschichte“ gerade ihren Lauf nahm. Als
leidenschaftlicher Fan der Werke von Michael Ende konnte ich damals kaum mehr
eine Originalzeile Text wiederfinden – ganz zu schweigen von den Figuren. Zum
Beispiel hatte ich den Glücksdrachen Fuchur im Buch als luftiges Fantasiewesen
kennengelernt. Im Film erschien er mir als netter Kinderliebling mit
Dackelanleihen – aber doch sehr farblos.
Bram Stokers „Dracula“ ein schier unerschöpflicher Schatz für immer wieder neue
Verfilmungen zu sein. Alle Jahre wieder erscheint er neu auf der Leinwand, mehr
oder weniger werksgetreu aber doch immer wieder mit der typischen Stokerschen
Stimmung. Auch als Hörbuch ist "Dracula" ein besonderes Erlebnis.
Es bleibt wohl, wie
in allem, einfach eine Frage des Geschmacks, was besser ist – die Verfilmung
oder die Vorlage. Natürlich werde ich mir auch diese anschauen, neugierig wie
ich bin. Aber es kann passieren, dass ich das Buch mit ins Kino schmuggle und
heimlich mitblättere. Und wenn ich dann mindestens einmal das auf der Leinwand
Gesagte wiederfinde, bin ich auch schon wieder besänftigt…