Während mir Sala aus seiner Heimat erzählt, schleift er das Rasiermesser. Ich bin das nicht mehr gewohnt, dass ich von einem fremden Mann mit umgehängten Handtuch und einem langen Rasiermesser von den Stoppeln um mein Kinn herum gründlich entsorgt werde. Erst Schaum, dann Massage, dann Rasiermesser, dann Rasierwasser, dann heißes Tuch. Genau so wurde ich von Sala rasiert, wie man das aus den alten Wildwestfilmen kennt. Den einen Streifen versuchte ich zu verdrängen, bei dem der böse Revolverheld erste den Frisör mit seinem Colt niederknallt und dann sein Opfer im Frisörsessel von hinten mit dem Rasiermesser …. Urrrrghhhh.
Ich konzentriere mich auf die orientalische Musik vom CD-Play- er. Orientalische Western gibt’s nicht. Von dem Karl-May-Streifen „Durchs wilde Kurdistan" mal abgesehen. Ich schließe vertrau- ensvoll die Augen und spüre das gebogene Rasiermesser über meine Kehle kratzen, dann gleiten. Als ich die Augen wieder öffne, staune ich schwer. Sala hat nun eine kleine Fackel in der Hand. Nanu, denke ich mir, hat er nicht nur Kunst studiert, war er auch in der Artistenschule um sein Kunden gut unterhalten zu können? Ich staune noch mehr. Sala fährt mit der Mini-Fackel, die er in Alkohol eingetaucht und mit einem Feuerzeug entzündet hat, in die Löcher der Ohren und der Nase. Was hat er mit mir vor? Ist das eine Killer-Methode der orientalischen Cowboys? Will er mich innerlich grillen? Nein, er brennt mir nur die hervorstehenden Haare aus der Nase und den Ohren. Gute Methode, denke ich und schweige tapfer. Es riecht in Salas Salon nach verbranntem Horn. Genauso wie bei den Western-Helden, wenn die einer Kuh das glühende Brenneisen für ein Brandzeichen auf das qualmende Fell drücken.
Hallo Männer, seht ihr einen türkischen Frisör-Salon, dann geht rein und lasst euch rasieren und ausbrennen. Ihr kommt mit einem stolzen Gang raus wie einst John Wayne.