Suche
Close this search box.

Bücher können schützen

Können Bücher als Schutzschild fungieren? Diese Frage stellte ich mir, als mir eine Freundin erzählte, dass sie gerne ab und an ein Buch mitnimmt, um ihre „Ruhe zu haben“. Sie ist Single und sitzt daher oft alleine in Restaurants, Kneipen oder im Biergarten. „Und dabei ist ein Buch einfach der beste Begleiter. Die Leute sehen, dass ich lese, und lassen mich in Ruhe. Es ist fast schon so, als wäre ich in Begleitung eines Mannes oder einer guten Freundin.“

Sichere ZoneIch überlegte. Hatte ich selbst auch schon ein Buch als Vorwand benutzt, in Ruhe gelassen zu werden? Sofort kam mir Petra in den Sinn. Die Schwester einer ehemaligen Freundin war nicht selten aufdringlich. Mit ihrem Grinsen kommentierte sie vor vielen, vielen Jahren gerne jedes Händchenhalten, jeden Kuss, jeden Schritt, den meine Freundin und ich taten.

Eines Tages platzte sie ins Wohnzimmer, als meine Freundin und ich gerade etwas „abhingen“. Sie erblickte mich, wie ich auf dem Sofa lümmelte und las.
„Um was geht’s in deinem Buch?“, fragte sie mich.
Ich las gerade „Mach mir das Walross“. Der Roman von Laurie Foos dreht sich um die Frage, wie man sich zum Künstler entwickelt. Auch klassische Themen wie Erwachsenwerden, Tochter-Vater-Beziehungen und die erste Liebe werden thematisiert.
Ich antwortete spontan: „Es geht um die subtile Zwischenwirkung elterlicher Einflüsse, präadoleszenter Stigmatisierungen und – ich glaube – um die differenzierte Rezeption künstlerischer arbeitender Männer mit Kettensägen.“ Jedenfalls so ähnlich.

Ab diesem Zeitpunkt machte meine ehemalige Fast-Schwägerin einen weiten Bogen um mich, sobald ich ein Buch in der Hand hielt. Und das war gut so.

Diesen Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge