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Reisen kann gefährlich sein

Charles Dickens10 Jahre nach dem Zugunglück bei Eschede erinnere ich mich noch gut daran, wie ich damals von der Katastrophe erfuhr. Geschockt saß ich vor dem Fernseher und konnte nicht fassen, wie ein Transportmittel, das bis dato so zuverlässig schien, mit einem Mal entgleisen und 101 Menschen in den Tod reißen konnte. Auch zum zehnjährigen Jahrestag las ich in den Zeitungen zahlreiche Schilderungen von Überlebenden, die im Zug gesessen hatten und der Katastrophe zum Glück lebend entkamen.

Wie traumatisierend so ein Unglück sein kann, hat etwas früher ein großer britischer Autor erlebt. Charles Dickens, dessen 137. Todestag man übrigens am 9. Juni beging, überlebte am 9. Juni 1865 ein schweres Bahnunglück in Staplehurst, Kent. Weil er im Erste-Klasse-Abteil saß, das wohl besser gesichert war als die übrigen Waggons, wurde Dickens nicht körperlich verletzt. Seelisch jedoch blieb er bis zu seinem Tod fünf Jahre später schwer traumatisiert. Wie viele Eschede-Überlebende auch, kletterte Dickens aus dem Waggon-Wrack und leistete bei Mitreisenden Erste Hilfe. Anschließend, so ist es überliefert, stieg er nochmals in den Waggon und rettete sein Manuskript „Our Mutual Friend“.

Mit der gruseligen Kurzgeschichte „The Signal-Man“ versuchte Dickens später den Unfall zu verarbeiten. Als Grundlage der Geschichte verwendete er allerdings ein Zugunglück im Clayton-Tunnel von 1861. Dabei kamen 23 Menschen ums Leben, 176 wurden verwundet. Heute wie damals gilt: Reisen kann gefährlich sein.

(geschrieben von Matthias Stöbener)

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