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Jokers Morgen-Grauen, Teil 8

Mein Wecker klingelt jeden Morgen um sechs Uhr fünfzehn. Ich schalte dann das Radio ein, höre im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Nachrichten und den Wetterbericht. Danach wechsele ich zu einem Privatsender, damit ich auch die Lokalnachrichten mitbekomme.

Kurz nach halb sieben werden bei diesem Privatsender in der Rubrik »Freakman« Passanten in Fußgängerzonen sonderbare Fragen gestellt. Diese Fragen sind meist vollkommen sinnfrei und sollen auf diese Art möglichst »dumme« Antworten provozieren: z.B. »Sind Katzenaugen an Fahrrädern ein Fall für den Tierschutz?« oder »In welchem Land spricht man ironisch?«

Leider ist das nur in den seltensten Fällen witzig. Denn meistens läuft es darauf hinaus, dass man die Fragen jungen Migranten bzw. Leuten mit Migrationshintergrund (oder wie immer man da heute auch sagt) stellt. Bei denen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Ausdrücke wie »Katzenaugen« nicht richtig einordnen oder alte deutsche Sprichwörter nicht korrekt vervollständigen können – und daher vermeintlich »dumme« Antworten geben – schließlich höher, so das Kalkül der Radio-Macher. Was witzig sein soll, wird im Grunde zur ätzend-fiesen Bloßstellung.

Schön, dass manche der Fragen auch sauber nach hinten losgehen. Zum Beispiel die Frage »Aus welcher Stadt kamen die Bremer Stadtmusikanten?« Die Antworten, die der Sender für seine Sendung auswählte, nannten Städte rund um die Welt – nur nicht Bremen. Hahaha. Dabei sagt doch schon der Name… Die Moderatoren haben sich kugelig gelacht und die ach so dummen Antworten fleißig kommentiert.

Ein Eigentor, wie jeder weiß, der das Märchen noch aus seiner Kindheit kennt oder sich einfach irgendwann mal damit beschäftigt hat. Die Antworten, die nicht Bremen nannten, waren zwar nicht ganz korrekt, aber eben auch nicht falsch. Die falscheste Antwort, aber das wussten die Radio-Moderatoren natürlich nicht, wäre tatsächlich Bremen gewesen. Denn woher Esel, Hund, Katze und Hahn kamen, sagt uns das Märchen nicht konkret. Sondern nur, wo sie hingehen wollten: nämlich nach Bremen, um dort Stadtmusikanten zu werden. Sie kamen allerdings nie an.

Jetzt ist natürlich auch so eine Klugscheißerei genauso überflüssig wie die Freakman-Fragen (man könnte mit mir übrigens auch über die Frage »wie lautet der Vorname von Robinson Crusoe«, die der Freakman ebenfalls mal stellte, trefflich streiten…). Ich will auch niemandem den Spaß an ein wenig Verarschung verderben. Für mich hört der Spaß aber da auf, wo die Bloßstellung beginnt. Und da ist, wie zum Beispiel im Fernsehen bei Bauern auf Frauensuche oder Kindern mit Träumen von der Gesangskarriere, auch im Radio die Grenze schnell überschritten. Außerdem nervt’s. Immer und auf jedem Sender der gleiche Scheiß. Zurück an die Arbeit.

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