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Der Visionär unter den Poeten

Transtroemer.jpgSeit langem verfolge ich die Vergabe des Nobelpreises für Literatur nicht nur aus beruflichem Interesse, sondern weil für mich diese Auszeichnung auch die aktuelle gesellschaftliche Richtung reflektiert. So fand ich es nicht überraschend, dass 2010 der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa die Auszeichnung erhielt. Der bereits seit seinem Erstling »Die Stadt und die Hunde« (1962) erfolgreiche Vargas Llosa mischte sich stets aktiv in die Politik seines Landes ein, 1990 kandidierte er sogar gegen den späteren Präsidenten Fujimori. Er gilt bis heute als Kritiker jener lateinamerikanischen Schriftsteller, die sich bewundernd über den Sozialismus äußerten.


Der Name allerdings, der Anfang Oktober vom Nobel-Komitee als diesjähriger Preisträger bekannt gegeben wurde, ließ zunächst erst einmal keine Glocken bei mir klingeln: Wer ist Tomas Tranströmer? Doch dann erinnerte ich mich: Ich hatte von seiner Lyrik gekostet, und eben diese fast schwermütig anmutende Dichte seiner Poesie ist es, die mich schon bei der ersten Begegnung mit den Werken des schwedischen Schriftstellers bannte. So heißt es auch in der Begründung der Akademie, Tomas Tranströmer, heute 80 Jahre alt, werde im Dezember 2011 der Preis verliehen, weil er "uns in komprimierten, erhellenden Bildern neue Wege zum Wirklichen weist«.


Der Lebensweg des studierten Psychologen Tomas Tranströmer geht nahe: Er wurde am 15.04.1931 in eine Journalistenfamilie hinein geboren (seine Mutter war Lehrerin, sein Vater Redakteur) und debütierte bereits 1954 mit einem ersten Gedichtband. Dennoch arbeitete Tranströmer bis zum Jahre 1990 als Psychologe, auch in einer Anstaltspsychiatrie für jugendliche Kriminelle. 1990 ereilte ihn ein schwerer Schlaganfall, der unter anderem sein Sprachvermögen stark einschränkte. Doch der Poet mit Leib und Seele gab nie auf. Dieses Durchhaltevermögen musste er schon in den 1968er Jahren unter Beweis stellen, als plötzlich im Zuge der neuen Bewegung viele ehemalige Fans sein Werk verachteten: Zu wenig konfrontativ, zu optimistisch seien seine Texte, lautete der Vorwurf der damaligen »Revoluzzer«, Tranströmer leiste keinen wertvollen Beitrag zu aktuellen politischen Diskussionen. Doch Tomas Tranströmer sah sich selbst niemals einer Ideologie anhaftend, er sei vielmehr Visionär, wie er in diesem Zusammenhang betonte.


Buch "Das große Rätsel" von Tomas Tranströmer bei Jokers


Tomas Tranströmer © Andrei Romanenko/wikimedia commons

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