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Ich verblöde holt mich hier raus!

Das Fernsehen ist wieder bei meiner Freundin eingezogen. Ein Freund hatte sich unlängst ein neues Plasmagerät gekauft und ihr seinen LCD-Fernseher angeboten, ultraflach, 22 Zoll und stylisch. Nach fünf Jahren Abstinenz und 10 Euro Kabelgebühr, die sie monatlich für 50 ungenutzte Kanäle zahlte, sagte sie ja.


Pünktlich zur Jahreswende kam sie nun allabendlich in den Genuss aktueller Spielfilme, Fernsehshows und diverser Unterhaltungsprogramme. Ausgehungert und wissbegierig wie sie zu nächst war, zappte sie freudig durch die Programme. Doch aus Neugier wurde schon bald Routine und, nun ja, Faulheit. So kam es, dass sie nach getanem Tagwerk nicht mehr gemütlich las, sondern matt vor der Röhre hing.


Fernsehen.jpgQuiz- und Realityshows, Dokusoaps, Magazine, Nachrichtensendungen, Spielfilme und »Blockbuster«, sie lernte alles kennen, was die derzeitige Fernsehlandschaft bietet. Endlich konnte sie wieder mitreden und diskutierte mit Kollegen und Freunden das Paarungsverhalten der Z-Prominenz im Dschungelcamp, die merkwürdigen Hobbys sozialhilfeempfangender Großfamilien oder die richtige Erziehung aufmüpfiger Pudel.


Jüngst ertappte sie sich, wie sie zu ihrem Freund sagte: »Du bist der Einzige, der Mario Barth blöd findet.« Kaum ausgesprochen, wurde ihr bewusst, dass sie noch vor kurzer Zeit den omnipräsenten Komiker nicht riechen konnte. Und nun lachte sie mit den Massen über platte Situationsbeschreibungen und verwendete willfährig das Vokabular der bildungsresistenten Unterschicht.


Sie war also am glotzen, wie sie meinte. »So geht es auf keinen Fall weiter«, hat sie jetzt beschlossen. Ich bin gespannt, ob sie es schafft, wieder zum Lesen und anderen Beschäftigungen zurückzukehren.


Bild: © Urs Mücke/PIXELIO

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