»4´33« von John Cage (1912 1992) war lange Zeit mein Lieblingsstück: 4 Minuten und 33 Sekunden, in denen nichts passiert, einfach gar nichts. Ursprünglich für Klavier »komponiert«, kann man es problemlos mit jedem anderen Instrument »spielen«. Die Vorbereitungen sind minimal, eingeübt werden muss es nicht. Ein Traum für jeden mit langwierigem Üben gequälten Musikschüler. Endlich mal ein Werk, das sich ohne Fehler vom Blatt vortragen lässt. Ich versuchte, meine Klavierlehrerin davon zu überzeugen, dass ich genau dieses Stück beim jährlichen Vorspiel der Musikschule einstudieren wollte. Sie hatte kein Einsehen; durchschaute wohl meine niederen Beweggründe, mir das Üben zu ersparen und wollte nichts wissen von der Förderung avantgardistischer Musik…
Freilich steckt mehr hinter diesem lautlosen Stück als bloßer Nonsens. John Cage hatte sich durchaus etwas dabei gedacht. Und aufs Denken kommt es an bei »433«. Entscheidend ist, was die Zuhörer denken, während sie 4 Minuten und 33 Sekunden einem nicht hörbaren Werk lauschen. Welche Gefühle sich dabei einstellen, was einem durch den Kopf schießt, welche imaginären Melodien man entwickelt. So erlebt jeder das Stück auf seine besondere Art und Weise.
John Cage gehört zu den Vorreitern der musikalischen Avantgarde im 20. Jahrhundert. Er war äußerst experimentierfreudig und setzte für seine Kompositionen schon mal Dinge ein wie einen Dampfkochtopf, eine Gummiente, Konservendosen oder eine Badewanne. Seine Konzerte waren immer auch Happenings, völlig verrückte Veranstaltungen, bei denen die Größen der Moderne zusammenkamen. Gemeinsam mit anderen avantgardistischen Künstlern initiierte Cage die Aktionskunst-Bewegung »Fluxus«, zu der u.a. Yoko Ono, David Tudor, Robert Rauschenberg und Joseph Beuys gehörten.
Zum 100. Geburtstag des Ausnahmekünstlers:
* Audio CD A House Full of Music
* Buch ´John Cage…` Bildender Künstler – Einflüsse, Anregungen
* Buch Silence
Autorin: Petra Anne-Marie Kollmannsberger
