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Wie sich die Städte entwickeln sollen

Seien Sie getrost, ich kannte das Gottlieb-Duttweiler-Institut bisher auch nicht. Aber das Institut hat eine Studie gemacht, die den Einkaufsort Stadt in den Mittelpunkt stellte. „Shopping in the City 2020“ hieß die Studie, die kürzlich veröffentlicht wurde. Darin ist zu lesen, wie sich die Stadt als Einkaufsort in naher Zukunft entwickeln soll.

Eine der Thesen ist: Die Stadt wird zur Stadtregion mit mehreren Kernen, die um Besucher und Käufer konkurrieren. Sie wird also dezentraler. Das ist nachvollziehbar und zum Teil ja auch jetzt schon an Hand von vorgelagerten Einkaufszentren oder Orten im Speckgürtel der Städte zu beobachten, die sich in den letzten Jahren gemausert haben.

Angesichts des Internets wird die Stadt als Einkaufsort nur überleben, wenn sie das Einkaufen mehr inszenieren, zum Erlebnis machen. Es gibt ja schon jetzt das Stichwort „Erlebniseinkauf“ und in der Tat ist angesichts der Bequemlichkeit des Internetshoppings nur dann mit dem Einkauf in der Stadt zu rechnen, wenn über die Ware hinaus noch mehr geboten wird, eben das Event oder die stärkere Serviceorientierung der Geschäfte und Einkaufsorte.

Ein weiteres Stichwort ist „Socialising“. Hier wollen die Forscher des Instituts herausgefunden haben, dass wir heute angesichts der verlorenen Familienbande und der Individualisierung unserer Gesellschaft im „Dickicht der Städte“, wie das Bertolt Brecht nannte, Ersatz für die Familie suchen. Ich weiß nicht, ob man das, was früher die Familie war, wirklich ersetzen kann. Ersatzfamilien wird man suchen können, aber das Erlebnis wird nicht das gleiche sein, weshalb ich skeptisch bin, dass die Städte deswegen aufgesucht werden.

Stadt und Land sollen sich mehr durchdringen, es soll die Natur den Stadtraum erobern, die Wege zwischen Arbeit, Wohnen und Einkaufen sollen wieder kürzer werden und oft per Rad zurückgelegt werden. Wenn das stimmt, könnte das eine positive Entwicklung sein und in der Tat versuchen viele Stadtplaner das zu verwirklichen. Allerdings war das auch in den zurückliegenden Jahrzehnten so – und doch sind die Arbeitsplätze immer weiter von den Orten, wo wir wohnen, weggerückt. Eine Trendumkehr wäre zu schön, um wahr zu sein.


(geschrieben von Matthias Stöbener)

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